bilingual/zweisprachig

Tuesday, October 21, 2025

Wer war der fünfte Beatle?

Der Schweizer Autor Nicola Bardola bietet nicht nur einen, sondern gleich deren 55, und auch sie sind noch keineswegs alle, die man nennen könnte, sondern nur die besten:

 

Eine Karriere wie die der Fab Four passiert nicht aus dem Nichts. Zu allererst gehört mal Talent dazu, aber das allein nützt noch nichts. Man muss mit seinem Talent auch im richtigen Moment am richtigen Ort mit dem richtigen Material die richtigen Leute treffen. Und dann muss noch ein Schuss Glück dazukommen, dann kann es klappen.

Wenn es geklappt hat und man schaut später auf den Erfolg zurück, dann wird man sehen: Dies alles hat sich materialisiert in einer Vielzahl von Personen, die irgendwie zusammengewirkt haben. Wer waren sie? Was war ihr Beitrag? Was wurde aus ihnen? Man muss schon ein wirklicher Fan sein, um sich auf eine solche Recherchereise zu begeben. Nicola Bardola ist ein Langzeitkenner der Beatles, der sich schon seit langer Zeit mit der Band und ihrem Umfeld befasst hat (wie man beispielsweise hier sehen kann). Das Resultat liegt jetzt in Buchform vor.

Aber auch als Leser muss man eine gewisse "Nerdigkeit" mitbringen, um wirklich goutieren zu können, welche Arbeit Bardola geleistet hat. Ist man aber ein solcher Edelfan, dann eröffnet sich mit seinem Buch ein Schatzkästlein, wie ich es nur selten gesehen habe -- und ich kenne viele Musikbücher.

55 Personen aus dem (meist) näheren Umfeld der Beatles werden in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt. Pete Best kennt man, Stu Sutcliff ebenfalls, auch Astrid Kirchherr darf nicht fehlen -- bekannte und weniger bekannte Namen tauchen in relativ kurzgefassten Kapiteln auf. St.-Pauli-Größen wie Indra-Chef Bruno Koschmider oder Star-Club-Manager Horst Fascher werden portraitiert, Brian Epstein, Bert Kaempfert, George Martin, Geoff Emerick, Klaus Voormann, Eric Clapton, Marianne Faithfull, Patti Boyd, Allen Klein, Billy Preston, Yoko Ono, der Maharishi haben ihren Platz. Dazu kommen Eltern, Familien, Geschwister, Mitarbeiter -- ich will und kann sie hier nicht alle aufzählen, kann aber versichern, dass sie ausnahmslos aus gutem Grund in diesem Buch aufgeführt werden. Sie waren Teil des Beziehungsnetzes, das die Beatles-Karriere möglich gemacht hat.

In gewisser Weise ist interessant, wer in dem Buch nicht genannt wird -- Linda Eastman beispielsweise, oder der Star-Club-Boss Manfred Weissleder, ebenso der Decca-A&R-Manager Dick Rowe, der die Beatles ablehnte. Dafür taucht irgendwo beiläufig der Name des Musikproduzenten Joe Meek auf, obwohl dieser mit den Beatles auch nur indirekt zu tun hatte, da er sie aufgrund der ihm vorgelegten Demos ebenfalls ablehnte (was eigentlich eh nichts Besonderes war; die Beatles waren so ziemlich schon überall abgeblitzt). In diesem Kontext ist sehr lesenswert, wie der Kontakt der Beatles zu George Martin zustandekam -- das war komplizierter, als man im allgemeinen zu wissen glaubt. 

Die schiere Materialmenge machte es wohl erforderlich, dass der Schreibstil gelegentlich ein wenig komprimiert geraten ist. Das führt gelegentlich zu ein wenig holzschnittartigen Beschreibungen. Das schadet aber nichts, denn das Buch eröffnet eher ein Gesamtbild als wirklich tiefgehende Einzelanalysen; es lädt ohnehin eher zum Blättern ein als zum Durchlesen von A bis Z. Dabei helfen sehr die Querverweise auf jene Namen, die ebenfalls mit einem eigenen Eintrag im Buch behandelt werden. 

Ich bin auch sehr sicher, dass dieses Buch sich als wichtige Quelle für viele in Zukunft noch zu schreibende Magisterarbeiten und Dissertationen über die Beatles etablieren wird. In diesem Zusammenhang vermisst man allerdings schmerzlich einen Namensindex, mit dem sich das ganze Werk für solche Zwecke leichter erschließen ließe. (Aber ich kann es verstehen -- es ist eine Heidenarbeit, ein solches Register zu erstellen.)

Aber das ist noch nicht alles! Im Anschluss an die 55 ausführlich portraitierten Personen folgen dann noch weitere 66 aus dem erweiterten Umfeld, die mit kurzen (meist halbseitigen) Einträgen vorgestellt werden. Und weil das immer noch nicht reicht, kommen noch weitere 77, diese allerdings nur noch als Namensliste. Eine Bibliographie bildet den Abschluss des Buchs, sie allein umfasst zehn Seiten.

Kurz & gut: Wer sich für die Beatles über ihre Platten hinaus interessiert, greife unbesorgt zu.

 

Nicola Bardola:
Die 55 besten Fünften Beatles
Verlag Andreas Reiffer 2025
354 Seiten, 20€
ISBN 978-3-910335-55-4

 

No comments:

Post a Comment