(In English language here!)
Hinweis: Eine aktualisierte und verbesserte Neufassung dieses Blogeintrages finden Sie in meinem Buch DER SOUND DER JAHRE (2022). Info und Bestellung hier.
"Ich verdiene jetzt 6000 Mark im Monat.
Da können Sie sehen, was eine Idee von mir wert ist."
(Rolf-Ulrich Kaiser, 1968)
"Jeder macht sich seine eigene Realität."
(Gille Lettmann, 1972)
Die Story der Plattenlabels Ohr, Pilz und Kosmische Kuriere sowie von deren Betreibern, Rolf-Ulrich Kaiser und Gille Lettmann, ist ein interessantes Stück deutscher Medien-, Musik- und Zeitgeschichte. Rund vier Jahrzehnte ist das jetzt her, aber noch heute tauchen diese Namen in Mailinglisten oder Diskussionsforen über deutsche Rockmusik auf. Gerade auch in den USA hat der Deutschrock der späten 1960er bis mittleren 1970er Jahre Hochkonjunktur.
Man setzt sich mit einer Behauptung wie der folgenden leicht in die Nesseln, aber dennoch: Die Bedeutung Rolf-Ulrich Kaisers und seiner Lebensgefährtin Gille Lettmann für die deutsche Rockmusiklandschaft war groß. Gerade auch aus heutiger Sicht wird schnell deutlich, dass die beiden wichtiger waren als manche wahrhaben möchten. Als sonst noch kaum jemand sich an deutsche Rockmusik herangetraut hat, da haben sie rückhaltlos darauf gesetzt. Und wohl kaum jemand ist später so gnadenlos nach unten durchgereicht worden wie diese beiden. Gerade jene Gestalten aus der damaligen Musikpresse, die ihnen am begeistertsten gefolgt sind, gossen später eimerweise Häme und Spott über die beiden aus. Manche tun es heute noch, nicht zuletzt, weil praktisch kein Risiko mehr besteht, dass sich Kaiser plötzlich noch einmal persönlich zu Wort melden könnte.
Kaiser und Lettmann waren nicht die einzigen, die sich um die Anfänge der deutschen Rockmusik verdient gemacht haben. Es gab auch andere. Aber Ehre, wem Ehre gebührt: Als die damals so genannten „Beat-Gruppen“ ihre Imitationsphase hinter sich hatten, zu Rockbands mutierten und begannen, eigenständige Musikformen zu entwickeln, wären sie ohne Kaiser und Lettmann nicht weit gekommen.
Ihre Bedeutung lässt sich auch ablesen an den unendlichen Spekulationen über ihren Verbleib, die zudem über die Jahre immer abstruser wurden. Manche wollen Kaiser auf der Frankfurter Buchmesse gesichtet haben. Morgens soll er auf dem Kölner Großmarkt unterwegs sein und Lebensmittel erbetteln, aber auch in den USA soll er leben, und zwar als Promoter von Erich von Däniken. Nicht zuletzt ist Kaiser auch schon für tot erklärt worden.
Kaiser
Rolf-Ulrich Kaiser, gern auch kurz "RUK" genannt, geboren am 18. Juni 1943 in Buckow (in der Märkischen Schweiz in Brandenburg), wuchs in Osnabrück und Berlin auf und studierte später Germanistik, Philosophie, Soziologie und Theaterwissenschaften in Köln.
Rolf-Ulrich Kaiser, gern auch kurz "RUK" genannt, geboren am 18. Juni 1943 in Buckow (in der Märkischen Schweiz in Brandenburg), wuchs in Osnabrück und Berlin auf und studierte später Germanistik, Philosophie, Soziologie und Theaterwissenschaften in Köln.
Rolf-Ulrich Kaiser im WDR-Fernsehen, 1971
Essener Songtage
Aktiver Teil der Szene wurde Kaiser 1968, als es ihm gelang, der Stadt Essen eine Bürgschaft über 300.000 Mark zu entlocken, um damit die „Internationalen Essener Songtage“ zu starten – laut Kaiser das "größte Ding, das je in Europa gelaufen ist." Klappern gehört nun einmal zum Handwerk; das erste Rockfestival Deutschlands war es aber immerhin tatsächlich. Geschäftsführer war Bernd Witthüser, die Pressearbeit lag in den Händen von Henryk M. Broder, das Programmheft gestaltete der Grafiker Reinhard Hippen – Namen, die wieder auftauchen werden. Zu den auftretenden deutschen Künstlern gehörten Hanns Dieter Hüsch, Franz Josef Degenhardt, Peter Brötzmann, Tangerine Dream, Amon Düül, Guru Guru, die City Preachers, Floh de Cologne, Hannes Wader, aber auch ausländische Acts wie Julie Driscoll, Brian Auger & The Trinity, Family, Alexis Korner, The Fugs sowie die Mothers Of Invention mit ihrem Boss Frank Zappa waren da. Letzterer zeigte sich irritiert: „Das Publikum scheint sich hier nicht entscheiden zu können, ob es über Musik diskutieren oder Musik hören will.“ Die Düüls waren dermaßen stoned, dass sie wie eine Bandschleife permanent dieselben paar Takte wiederholten; Festivalbesucher erinnern sich noch an die mehrfachen Lautsprecherdurchsagen: „Amon Düül, hören Sie auf zu spielen, wir müssen umbauen!“
Zwischen all dem Chaos lief Rolf-Ulrich Kaiser herum, für den das Ganze ein großer Abenteuerspielplatz war: „Ein Musikhappening, das bewusstseinserweiternd und bewusstseinserweitert, psychedelisch, andere Erlebnisweisen erschließt und somit eher emotional das Erworbene und Gewohnte in Frage stellt“, so sein verschwurbeltes Statement. Dem organisatorischen Durcheinander, das er durch Unerfahrenheit und Unkenntnis mit herbeigeführt hatte, versuchte er mit "unumstößlichen Anordnungen", Kraftsprüchen und einem Walkie-Talkie beizukommen: "Wir werden rabiat durchgreifen."
Das Festival endete mit 80.000 Mark Verlust - damals keine Kleinigkeit. Kaiser versuchte, Senderechte ans Fernsehen zu verkaufen, spielte dabei jedoch verschiedene Redaktionen so ungeschickt gegeneinander aus, dass gerade mal 4.000 Mark dabei herauskamen. BR-Redakteur Wuermeling: "Herr Kaiser hätte viel mehr erlösen können, wenn er rechtzeitig seriös verhandelt hätte."
Aktiver Teil der Szene wurde Kaiser 1968, als es ihm gelang, der Stadt Essen eine Bürgschaft über 300.000 Mark zu entlocken, um damit die „Internationalen Essener Songtage“ zu starten – laut Kaiser das "größte Ding, das je in Europa gelaufen ist." Klappern gehört nun einmal zum Handwerk; das erste Rockfestival Deutschlands war es aber immerhin tatsächlich. Geschäftsführer war Bernd Witthüser, die Pressearbeit lag in den Händen von Henryk M. Broder, das Programmheft gestaltete der Grafiker Reinhard Hippen – Namen, die wieder auftauchen werden. Zu den auftretenden deutschen Künstlern gehörten Hanns Dieter Hüsch, Franz Josef Degenhardt, Peter Brötzmann, Tangerine Dream, Amon Düül, Guru Guru, die City Preachers, Floh de Cologne, Hannes Wader, aber auch ausländische Acts wie Julie Driscoll, Brian Auger & The Trinity, Family, Alexis Korner, The Fugs sowie die Mothers Of Invention mit ihrem Boss Frank Zappa waren da. Letzterer zeigte sich irritiert: „Das Publikum scheint sich hier nicht entscheiden zu können, ob es über Musik diskutieren oder Musik hören will.“ Die Düüls waren dermaßen stoned, dass sie wie eine Bandschleife permanent dieselben paar Takte wiederholten; Festivalbesucher erinnern sich noch an die mehrfachen Lautsprecherdurchsagen: „Amon Düül, hören Sie auf zu spielen, wir müssen umbauen!“
Rolf-Ulrich Kaiser auf der Bühne der Essener Songtage, 1968
Das Festival endete mit 80.000 Mark Verlust - damals keine Kleinigkeit. Kaiser versuchte, Senderechte ans Fernsehen zu verkaufen, spielte dabei jedoch verschiedene Redaktionen so ungeschickt gegeneinander aus, dass gerade mal 4.000 Mark dabei herauskamen. BR-Redakteur Wuermeling: "Herr Kaiser hätte viel mehr erlösen können, wenn er rechtzeitig seriös verhandelt hätte."
Panoptikum
Etwa zur selben Zeit putzte Kaiser unter dem Pseudonym "Fritz Baas" im evangelischen Pressedienst "Kirche und Rundfunk" pauschal sämtliche Jugendfunksendungen der ARD als "langweilig und penetrant" herunter. Gleichzeitig stellte er ein noch gar nicht gesendetes neues Jugendmagazin des WDR als "zeitgemäß" und "anspruchsvoll" dar und forderte vorab schon mal mehr Sendezeit.
Die Sendung hieß "Panoptikum", bezeichnete sich selbst als "Radio-Collage", und wundersamerweise war Kaiser selbst als freier Mitarbeiter an ihrer Konzeption beteiligt. Einer seiner Mitstreiter war wiederum Henryk M. Broder (der später "Spiegel"-Autor wurde, heute für die "Welt" arbeitet und ein exzellenter Schreiber und begnadeter Polemiker geblieben ist).
Die Sendung hieß "Panoptikum", bezeichnete sich selbst als "Radio-Collage", und wundersamerweise war Kaiser selbst als freier Mitarbeiter an ihrer Konzeption beteiligt. Einer seiner Mitstreiter war wiederum Henryk M. Broder (der später "Spiegel"-Autor wurde, heute für die "Welt" arbeitet und ein exzellenter Schreiber und begnadeter Polemiker geblieben ist).
Werbeposter für die Sendung "Panoptikum" (Grafik: Heinz Edelmann)
Auf "Panoptikum" wird zurückzukommen sein, denn für Kaiser wurde diese Sendung noch in einem ganz anderen Zusammenhang bedeutsam.
Bücher
Diverse Bücher folgten. Kaiser konnte schreiben, er war bienenfleißig, und im Gegensatz zu anderen, die über ihre Ideen nur diskutierten, führte er seine wirklich aus. Seine nimmermüde Schreibmaschine war legendär, als Frühaufsteher saß er oft schon morgens um 5 am Schreibtisch und tippte. Zeitweilig belieferte der "Mann mit den vielen Pseudonymen" (Spiegel) mehr als 60 Zeitungen, Magazine und Sendungen mit Manuskripten.
Manche seiner Bücher kamen seriös daher und erschienen in renommierten Verlagen wie Econ oder Kiepenheuer & Witsch, andere waren schon damals offensichtlich aus der Hüfte geschossen und erschienen bei "kinder der geburtstagspresse" (dezidiert kleingeschrieben). De facto hieß das: im Eigenverlag. Kaiser hatte dieses Unternehmen 1968 gestartet. Dieser gemäß lautstarker Eigenwerbung "Super-Verlag des deutschen Underground" existierte immerhin einige Jahre, Kaiser verlegte dort nicht nur eigene Bücher, sondern auch zwei oder drei Werke anderer Autoren.
Zudem erschien dort ein von ihm als "Gegen-Zeitung" bezeichnetes Magazin namens "popopo" - eine "Zeitung für Pop & Politik & Pornografie, gemacht von Henryk M. Broder, Reinhard Hippen, Rolf-Ulrich Kaiser, Fred Viebahn". Das "psychedelische Layout" dieses Blattes hob er später in einem seiner Bücher besonders hervor. Außerdem bot er per Mailorder einige US-Musikmagazine an, die anderswo in Deutschland kaum zu bekommen waren, vorrangig aber amerikanische Sexblättchen, die er für 25 Cent importierte und für 5,50 Mark verkaufte.
Heute noch lesenswert sind „Das Buch der neuen Popmusik“ von 1969 und „Rock-Zeit – Stars, Geschäft und Geschichte der neuen Popmusik“ von 1972, beide ohne große Probleme antiquarisch zu finden.
Manche seiner Bücher kamen seriös daher und erschienen in renommierten Verlagen wie Econ oder Kiepenheuer & Witsch, andere waren schon damals offensichtlich aus der Hüfte geschossen und erschienen bei "kinder der geburtstagspresse" (dezidiert kleingeschrieben). De facto hieß das: im Eigenverlag. Kaiser hatte dieses Unternehmen 1968 gestartet. Dieser gemäß lautstarker Eigenwerbung "Super-Verlag des deutschen Underground" existierte immerhin einige Jahre, Kaiser verlegte dort nicht nur eigene Bücher, sondern auch zwei oder drei Werke anderer Autoren.
Zudem erschien dort ein von ihm als "Gegen-Zeitung" bezeichnetes Magazin namens "popopo" - eine "Zeitung für Pop & Politik & Pornografie, gemacht von Henryk M. Broder, Reinhard Hippen, Rolf-Ulrich Kaiser, Fred Viebahn". Das "psychedelische Layout" dieses Blattes hob er später in einem seiner Bücher besonders hervor. Außerdem bot er per Mailorder einige US-Musikmagazine an, die anderswo in Deutschland kaum zu bekommen waren, vorrangig aber amerikanische Sexblättchen, die er für 25 Cent importierte und für 5,50 Mark verkaufte.
Heute noch lesenswert sind „Das Buch der neuen Popmusik“ von 1969 und „Rock-Zeit – Stars, Geschäft und Geschichte der neuen Popmusik“ von 1972, beide ohne große Probleme antiquarisch zu finden.
Das erstere Werk erlebte holländische, portugiesische, spanische und italienische Übersetzungen (seltsamerweise keine englische), das zweite existiert nur auf deutsch.
Nacheinander gelesen zeigen die beiden Bücher erstaunlich präzise Kaisers Entwicklung. Sein Talent, Sachverhalte in kurze, knackige Sätze zu verpacken und sie mit einprägsamen Schlagworten zu etikettieren, fällt sofort ins Auge. In „Rock-Zeit“ liefert Kaiser zwar manch heiße Luft, viele Flüchtigkeitsfehler (so heißt etwa Bob Dylans berühmtes Album bei ihm durchgehend "John Wesley Hardings") und willkürlich konstruierte Argumente, immer wieder aber finden sich auch kluge, gelegentlich messerscharfe Analysen. Leider zieht er daraus zu oft überzogene Schlüsse, die weniger auf Erkenntnis als auf den plakativen Knalleffekt zielen.
Dabei scheint er sich durchaus der Gefahr bewusst gewesen zu sein, dass er das, was er als Journalist kritisierte, in seiner Funktion als Musikproduzent selbst würde betreiben müssen - und indem er sie einfach offen zugibt, erklärt er diese Not zur Tugend: "Dieses Buch trägt in sich einen Widerspruch. So scheint es. Ich kritisiere darin scharf die zur Profitmusik verkommene Rockmusik; und ich identifiziere mich ungeschützt mit einem Teil dieser Rockmusik. ... Hier liegt ein Unterschied zum gewohnten Sachbuch, über den ich mir recht klar bin. Ich habe keine abstrakte, sogenannte objektive Abhandlung geschrieben, sondern die für mich gegenwärtig wichtigsten Aspekte jener Musik gesammelt, mit der ich eine Reihe von Jahren verbracht habe. Und ich meine, dass es gut ist, wenn der Leser dabei den Autor erkennt."
Und zeigte schon der Vergleich der ersten "Popmusik"-Auflage mit der erweiterten zweiten Auflage die zunehmende Affinität des Autors zu Haschisch und LSD, so gibt er in "Rock-Zeit" sogar offen "den Trip" als wesentliche Erfahrung für sein Musikverständnis an: "Es ist - so gelesen - ein persönliches und ein engagiertes Buch." Wohl wahr. Und er lässt auch keine Gelegenheit aus, kräftig die Werbetrommel für seine eigenen Acts zu rühren.
Diese beiden Bücher liefern einen wesentlichen Schlüssel zum Verständnis des Gedankengebäudes, in dessen weitläufigen Korridoren und Treppenhäusern er sich in den folgenden Jahren verlaufen wird.
Andere Bücher Kaisers, etwa "Underground? Pop? Nein! Gegenkultur!" von 1969 oder "Fabrikbewohner - Protokoll einer Kommune und 23 Trips" von 1970, sind weniger wichtig, aber doch auch aufschlussreich.
Beide Bücher sind mehrfarbig gedruckte Collagen von Kurzessays, Gesprächsprotokollen, Interviews, Fotos und Zeichnungen, hergestellt in Zusammenarbeit mit Reinhard Hippen, und sie zeigen einige Marotten Kaisers. Eine davon ist sein ständiger Drang, Textebenen hierarchisch durchzunumerieren und damit Kernthesen zu suggerieren, wo meist keine sind. Zudem bezeichnet er die Kapitel stets als "Trips".
Interessanter noch ist aber in beiden Büchern die ständige Nennung von Adressen. Kaiser ist fasziniert von dem Begriff "Gegenöffentlichkeit" - offenkundig hat er sich in seinem Soziologiestudium gründlich mit Jürgen Habermas' "Strukturwandel der Öffentlichkeit" (1962) befasst, damals ein Buch, das man gelesen haben musste, und Kaiser wendet nun dessen Erkenntnisse auf die Szene an, über die er schreibt. Zu diesem Zweck portraitiert er in- und ausländische Wohngemeinschaften, alternative Kunst- und Arbeitsprojekte, Musiker, Theaterleute und andere Künstler - die von ihm so genannten "neuen Leute" -, und er will dem Leser ermöglichen, sich im Sinne seiner Idee von "Gegenöffentlichkeit" mit all diesen Projekten zu vernetzen (auch wenn es diesen Begriff damals noch nicht gab). Deswegen führt er - zum Teil seitenlang - deren Adressen und Telefonnummern auf. Dabei ist nachvollziehbar, dass Namen wie Allen Ginsberg, Andy Warhols Factory, der von Kaiser hochverehrte Fugs-Boss Tuli Kupferberg oder auch "Rechtsanwalt Schilli" (gemeint ist der von der damaligen Boulevardpresse wegen seiner Tätigkeit als Verteidiger einiger RAF-Terroristen gern als "Linksanwalt" verschrieene Otto Schily) aufgeführt sind. Man findet aber auch eine große Zahl völlig unbekannter Personen und darf raten, weshalb sie dort wohl stehen mögen. Und was in einer solchen Auflistung die New Yorker Privatanschrift und Telefonnummer der Sängerin Nico verloren hat, die sich nicht für fünf Pfennig für irgendwelche "Gegenöffentlichkeiten" interessiert haben dürfte, das wird für immer Kaisers Geheimnis bleiben (wen's interessiert: 134 E 16th St, nicht weit von Warhols damaliger Factory entfernt, aber sie wohnt dort nicht mehr). Letzten Endes scheint das Sammeln von Adressen einfach eine private Obsession Kaisers gewesen zu sein; der Journalist Andreas Hub berichtet, Kaiser habe einen dicken Aktenordner mit tausenden von Adressen geführt.
Kaiser sah die gesellschaftliche Zukunft im Aufbau international vernetzter alternativer Szenen. In der Praxis allerdings funktionierten diese Projekte dann selten länger als ein oder zwei Jahre, wenn überhaupt jemals. Kaiser war damals keineswegs der einzige, der einer Illusion nachlief. Aber die meisten wachten aus dieser Illusion irgendwann auf.
Ob auch Kaiser aufwachte, ist schwer zu sagen. Publizistisch jedenfalls steuerte er seinen Dampfer weiter auf dem alten Kurs, seine nun folgende Karriere als Musikproduzent aber startete er unter dem Dach eines vollkommerziellen Firmenverbandes. Und trotz seines durchaus vorhandenen analytischen Scharfblicks machte er sich in den Folgejahren zum Marktschreier in Sachen bewusstseinsverändernde Drogen, ruinierte seine eigene Glaubwürdigkeit, die seiner Künstler und schließlich seine eigene Existenz.
Nacheinander gelesen zeigen die beiden Bücher erstaunlich präzise Kaisers Entwicklung. Sein Talent, Sachverhalte in kurze, knackige Sätze zu verpacken und sie mit einprägsamen Schlagworten zu etikettieren, fällt sofort ins Auge. In „Rock-Zeit“ liefert Kaiser zwar manch heiße Luft, viele Flüchtigkeitsfehler (so heißt etwa Bob Dylans berühmtes Album bei ihm durchgehend "John Wesley Hardings") und willkürlich konstruierte Argumente, immer wieder aber finden sich auch kluge, gelegentlich messerscharfe Analysen. Leider zieht er daraus zu oft überzogene Schlüsse, die weniger auf Erkenntnis als auf den plakativen Knalleffekt zielen.
Dabei scheint er sich durchaus der Gefahr bewusst gewesen zu sein, dass er das, was er als Journalist kritisierte, in seiner Funktion als Musikproduzent selbst würde betreiben müssen - und indem er sie einfach offen zugibt, erklärt er diese Not zur Tugend: "Dieses Buch trägt in sich einen Widerspruch. So scheint es. Ich kritisiere darin scharf die zur Profitmusik verkommene Rockmusik; und ich identifiziere mich ungeschützt mit einem Teil dieser Rockmusik. ... Hier liegt ein Unterschied zum gewohnten Sachbuch, über den ich mir recht klar bin. Ich habe keine abstrakte, sogenannte objektive Abhandlung geschrieben, sondern die für mich gegenwärtig wichtigsten Aspekte jener Musik gesammelt, mit der ich eine Reihe von Jahren verbracht habe. Und ich meine, dass es gut ist, wenn der Leser dabei den Autor erkennt."
Und zeigte schon der Vergleich der ersten "Popmusik"-Auflage mit der erweiterten zweiten Auflage die zunehmende Affinität des Autors zu Haschisch und LSD, so gibt er in "Rock-Zeit" sogar offen "den Trip" als wesentliche Erfahrung für sein Musikverständnis an: "Es ist - so gelesen - ein persönliches und ein engagiertes Buch." Wohl wahr. Und er lässt auch keine Gelegenheit aus, kräftig die Werbetrommel für seine eigenen Acts zu rühren.
Diese beiden Bücher liefern einen wesentlichen Schlüssel zum Verständnis des Gedankengebäudes, in dessen weitläufigen Korridoren und Treppenhäusern er sich in den folgenden Jahren verlaufen wird.
Andere Bücher Kaisers, etwa "Underground? Pop? Nein! Gegenkultur!" von 1969 oder "Fabrikbewohner - Protokoll einer Kommune und 23 Trips" von 1970, sind weniger wichtig, aber doch auch aufschlussreich.
Interessanter noch ist aber in beiden Büchern die ständige Nennung von Adressen. Kaiser ist fasziniert von dem Begriff "Gegenöffentlichkeit" - offenkundig hat er sich in seinem Soziologiestudium gründlich mit Jürgen Habermas' "Strukturwandel der Öffentlichkeit" (1962) befasst, damals ein Buch, das man gelesen haben musste, und Kaiser wendet nun dessen Erkenntnisse auf die Szene an, über die er schreibt. Zu diesem Zweck portraitiert er in- und ausländische Wohngemeinschaften, alternative Kunst- und Arbeitsprojekte, Musiker, Theaterleute und andere Künstler - die von ihm so genannten "neuen Leute" -, und er will dem Leser ermöglichen, sich im Sinne seiner Idee von "Gegenöffentlichkeit" mit all diesen Projekten zu vernetzen (auch wenn es diesen Begriff damals noch nicht gab). Deswegen führt er - zum Teil seitenlang - deren Adressen und Telefonnummern auf. Dabei ist nachvollziehbar, dass Namen wie Allen Ginsberg, Andy Warhols Factory, der von Kaiser hochverehrte Fugs-Boss Tuli Kupferberg oder auch "Rechtsanwalt Schilli" (gemeint ist der von der damaligen Boulevardpresse wegen seiner Tätigkeit als Verteidiger einiger RAF-Terroristen gern als "Linksanwalt" verschrieene Otto Schily) aufgeführt sind. Man findet aber auch eine große Zahl völlig unbekannter Personen und darf raten, weshalb sie dort wohl stehen mögen. Und was in einer solchen Auflistung die New Yorker Privatanschrift und Telefonnummer der Sängerin Nico verloren hat, die sich nicht für fünf Pfennig für irgendwelche "Gegenöffentlichkeiten" interessiert haben dürfte, das wird für immer Kaisers Geheimnis bleiben (wen's interessiert: 134 E 16th St, nicht weit von Warhols damaliger Factory entfernt, aber sie wohnt dort nicht mehr). Letzten Endes scheint das Sammeln von Adressen einfach eine private Obsession Kaisers gewesen zu sein; der Journalist Andreas Hub berichtet, Kaiser habe einen dicken Aktenordner mit tausenden von Adressen geführt.
Kaiser sah die gesellschaftliche Zukunft im Aufbau international vernetzter alternativer Szenen. In der Praxis allerdings funktionierten diese Projekte dann selten länger als ein oder zwei Jahre, wenn überhaupt jemals. Kaiser war damals keineswegs der einzige, der einer Illusion nachlief. Aber die meisten wachten aus dieser Illusion irgendwann auf.
Ob auch Kaiser aufwachte, ist schwer zu sagen. Publizistisch jedenfalls steuerte er seinen Dampfer weiter auf dem alten Kurs, seine nun folgende Karriere als Musikproduzent aber startete er unter dem Dach eines vollkommerziellen Firmenverbandes. Und trotz seines durchaus vorhandenen analytischen Scharfblicks machte er sich in den Folgejahren zum Marktschreier in Sachen bewusstseinsverändernde Drogen, ruinierte seine eigene Glaubwürdigkeit, die seiner Künstler und schließlich seine eigene Existenz.
Meisel
1970. Es tritt auf: Peter Meisel (*1935), Berliner Musikproduzent und -verleger. 1962 hatte er die Hansa Musikproduktion, zwei Jahre später das gleichnamige Plattenlabel gegründet.
Seine Domäne war zunächst das Schlagergenre mit Namen wie Conny Froboess, Manuela, Drafi Deutscher, Giorgio Moroder und anderen. Aber sein Interesse ging über Schlager hinaus. Gegen Ende der 1960er Jahre hatte er bereits Bands wie Amon Düül, Tangerine Dream, Xhol Caravan und Birth Control um sich geschart, er wusste lediglich nicht recht, was er mit denen nun anfangen sollte. An diesem Punkt trat Kaiser in Meisels Wirkungskreis ein, und er war das, was Meisel brauchte. Das Resultat war die gemeinsame Gründung der Ohr-Musikproduktion.
Peter Meisel, 1970
Ohr
Die Firma fand ihren Platz in Berlin, in der Wittelsbacher Straße 18, im selben Haus wie Meisels andere Unternehmenszweige.
Den Slogan „Macht das Ohr auf“ hatte der Grafiker Reinhard Hippen (nun Ohr-Grafikchef) ersonnen, und er war nicht ohne subtilen Witz. Er war eine Parodie auf den Slogan „Macht das Tor auf!“, den damals die West-Berliner Ausgabe der „Bild“-Zeitung täglich in ihrem stacheldrahtumrandeten Logo unterbrachte. Gemeint war natürlich das Brandenburger Tor, sprich: der Grenzübergang von Ost- nach West-Berlin. Hippen traf insofern den Zeitgeist, als in jenen Jahren Rockmusik durchweg mit „politisch links“ gleichgesetzt wurde, und die „Bild“-Zeitung war eines der großen Feindbilder der studentischen Protestszene. Kaiser und Hippen verstanden es meisterhaft, die Ohr-Werbung auf diese Szene abzustimmen.
(Reinhard Hippen veröffentlichte später etliche Bücher und Anthologien zur Kabarettgeschichte und gründete in Mainz das Deutsche Kabarett-Archiv, das er bis 1989 leitete. Er verstarb im April 2010.)
(Reinhard Hippen veröffentlichte später etliche Bücher und Anthologien zur Kabarettgeschichte und gründete in Mainz das Deutsche Kabarett-Archiv, das er bis 1989 leitete. Er verstarb im April 2010.)
Reinhard Hippen
Meisel hatte Mitte 1969 mit ersten Musikproduktionen seiner neuen Bands begonnen. Nach Kaisers Einstieg ging Ohr Records im März 1970 mit drei LP-Veröffentlichungen in den Markt: mit Fließbandbabys Beat-Show von der Kölner Politband Floh de Cologne (ein Songzyklus, der in aufgesetzt lockerem Tonfall zwischen Klassenkampf und sexueller Revolution umherirrt), Mandalas von Limbus 4 und Lieder von Vampiren, Nonnen und Toten von Bernd Witthüser (Walter Westrupp war bereits dabei, aber die Platte lief noch nicht unter „Witthüser & Westrupp“).
Im April folgte Opal von Embryo, im Juni Electronic Meditation von Tangerine Dream und UFO von Guru Guru. Insbesondere diese drei Alben sind heute Klassiker – noch ungeschliffene Rohdiamanten, die aber bereits deutlich erahnen lassen, dass hier tatsächlich neues musikalisches Potenzial auf dem Weg war.
Auch eine Reihe von Singles wurde veröffentlicht. Die hier abgebildete Birth-Control-Single war bereits die vierte, aber wohl die erste, die Aussichten hatte, ernstzunehmende Verkaufszahlen zu erzielen.
Mit Dieter Dierks, später auch Conny Plank, hatte Kaiser zwei Ausnahme-Toningenieure für seine Produktionen gewonnen. Was insbesondere Dierks dem Gerätepark in seinem Studio in Stommeln bei Köln entlockte, war damals für deutsche Verhältnisse so gut wie konkurrenzlos.
Die Aufnahmequalität und die produktionstechnische Kreativität vieler Kaiser-Produktionen beeindruckt noch heute. Kaiser war auch stets vorneweg, was neueste Trends anging. Etliche seiner Platten waren sogar in SQ-Quadro abgemischt (ein Vierkanalverfahren, das sich in normale LPs pressen ließ, stereokompatibel war, sich letztlich aber nicht durchsetzte).
Mit Dieter Dierks, später auch Conny Plank, hatte Kaiser zwei Ausnahme-Toningenieure für seine Produktionen gewonnen. Was insbesondere Dierks dem Gerätepark in seinem Studio in Stommeln bei Köln entlockte, war damals für deutsche Verhältnisse so gut wie konkurrenzlos.
Dieter Dierks (oberes Bild), Conny Plank, frühe 1970er Jahre
Zudem waren die Platten aufwendig gestaltet, zumeist mit Klappcovern, guter Grafik, oft mit beigelegten Postern oder Gimmicks wie etwa einem ins Cover geklemmten Ballon oder den herausziehbaren Innereien bei Floh de Colognes LP Profitgeier (die reichlich großspurig als „Rockoper“ angepriesen wurde); die Platte selbst war in tageslichtleuchtend rotes Vinyl gepresst.
Zu Kaisers Strategie gehörte schon bald, immer neue Entdeckungen zu präsentieren, wobei ihm nur leider zunehmend die Tatsache im Wege stand, dass es so viele tatsächlich gute Bands in Deutschland nun auch nicht gab. In Nullkommanichts hatte Kaiser an die dreißig Acts versammelt. Darunter waren hochklassige Gruppen wie Tangerine Dream, Guru Guru, Popol Vuh und Ash Ra Tempel. Die wären ihren Weg wahrscheinlich auch ohne Kaiser gegangen. Andere Bands aber, die eher aus der zweiten Reihe stammten - Anima, Emtidi, Hölderlin, Mythos, Wallenstein, Witthüser & Westrupp und andere –, hätte man ohne Kaiser wohl kaum je kennengelernt. Wenn Kaiser allerdings verlauten ließ, er habe „die besten deutschen Rockgruppen“ unter Vertrag, ist das wohl eher eine Geschmacksfrage - man kann sicherlich mit gutem Recht auch sagen, dass ihm mit Amon Düül II, Can, Cluster, Kraftwerk und später auch Neu! die wichtigsten fehlten.
Wettbewerber
Can und Amon Düül II erschienen auf Liberty/UA in München, unter der Regie des Produzenten Siegfried E. "Siggi" Loch eines der ersten Labels, das die Veröffentlichung deutscher Bands riskierte – und ein Risiko war es wirklich. Nach den Anfangserfolgen von Liberty und Ohr allerdings wachten dann auch andere Plattenfirmen auf und veröffentlichten deutsche Gruppen, wenn auch weiterhin zögernd. Die Stuttgarter Intercord startete das Sublabel Spiegelei, die Kölner EMI brachte auf ihrem Harvest-Label nun auch einige deutsche Acts unter, die Frankfurter Bellaphon stieg mit dem Bacillus-Label ein, in München wurde Kuckuck gegründet, die Polydor in Hamburg versuchte sich an einem Sublabel namens Zebra, das allerdings nicht recht abhob und bald wieder ins Hauptlabel zurückgeführt wurde.
Amon Düül II hätte durchaus gut zu Ohr gepasst. Dass aber Bands wie Can, Kraftwerk oder Neu! den Marketing-Zirkus mitgemacht hätten, den Kaiser nun startete, ist kaum vorstellbar. Der Ausstoß an Platten wuchs in einer solchen Weise, dass schließlich die Deutsche Metronome, die die Ohr-Platten vertrieb, sich genötigt sah, auf die Bremse zu treten.
Amon Düül II hätte durchaus gut zu Ohr gepasst. Dass aber Bands wie Can, Kraftwerk oder Neu! den Marketing-Zirkus mitgemacht hätten, den Kaiser nun startete, ist kaum vorstellbar. Der Ausstoß an Platten wuchs in einer solchen Weise, dass schließlich die Deutsche Metronome, die die Ohr-Platten vertrieb, sich genötigt sah, auf die Bremse zu treten.
Pilz
Kaiser und Meisel gründeten daraufhin das Label Pilz und sahen sich nach einem zweiten Vertriebskanal um. 1971 wurden sie fündig beim Chemieriesen BASF, der sich seit 1969 auch als Schallplattenfirma versuchte. (Vorrangig produzierte man dort deutsche Schlager, hatte aber mit dem MPS-Label auch hochklassigen Jazz im Programm. Die BASF beendete ihren Ausflug in die Musik 1976.) Der Produktmanager Jürgen Schmeißer hatte dort das Sublabel Mouse konzipiert und bereits einige Produktionen vorbereitet. Als dann aber die Anfrage von Kaiser und Meisel auf dem Tisch lag, entschied man sich bei der BASF, Mouse fallenzulassen und stattdessen Pilz in den Vertrieb aufzunehmen.
Das neue Label übernahm die Mouse-Acts und deren bereits eingespielte Produktionen; der Vertrieb wurde betreut von Ulrich Rützel (*1944; er wurde 1979 Mitbegründer der Linzer Ars Electronica, des wohl bedeutendsten europäischen Festivals für elektronische Kunst aller Art; 1981 startete er mit Erdenklang sein eigenes Label). Prinzipiell sollten auf Pilz eher folkige und ruhige Produktionen erscheinen, während Ohr der (psychedelischen) Rockmusik gewidmet war. Das lief aber schon bald ziemlich durcheinander.
Charts
Kaiser, obwohl er sich selbst dem politisch linken Spektrum zuordnete, hatte nie ein Problem damit, dass mit Musik auch Geld verdient werden musste. In seiner Zielgruppe war genau das aber verpönt. Denn, wie gesagt: Die meisten Rockfans jener Zeit verstanden sich als „irgendwie links“, und mehr noch taten das damals die Kulturkritiker. Wer sich heute etwa eine ZDF-"Aspekte"-Sendung jener Jahre ansieht, fällt vom Stuhl angesichts des pseudolinken selbstgefälligen Theaterdonners, den etliche der Journalisten an den Tag legten. Damals gehörte das aber zum guten Ton - man wollte ja als "kritisch" gelten. Der Musikjournalist Bernd Gockel etwa beendete die Besprechung der Amon-Düül-II-LP Wolf City in der "Sounds" mit dem Satz: „Es wäre verdammt schade, wenn man Amon Düül eines Tages in den Hitparaden wiederfinden würde.“ Hitparaden haftete der maximale Ekelfaktor an. Wenn eine Band einen Titel in einer Hitliste unterbringen konnte, dann war sie nach Ansicht ihrer Fans „auf den Kommerztrip“ gegangen, hatte sich damit selbst disqualifiziert und konnte nicht mehr ernstgenommen werden. Dass eine Hitliste einfach nur zeigt, welche Platten sich derzeit gut verkaufen, das hat man nicht sehen wollen, und festangestellte Kritiker wie Gockel haben sich nicht klargemacht, dass sie mit solchen Bemerkungen de facto von den Bands verlangten, ihre Glaubwürdigkeit durch Verzicht auf ein Einkommen zu belegen. Wovon sie leben sollten? Wen kümmert’s.
Derselbe Geist wurde auch erkennbar, als Kaiser sich 1971 in der WDR-Diskussionssendung „Pop & Co. – die ‚andere‘ Musik zwischen Protest und Markt“ von Nickel Pallat, dem damaligen Manager der Politband Ton Steine Scherben, als Kapitalistenknecht beschimpfen lassen musste, da er mit "der Industrie" (damals in der Szene ein Hasswort) zusammenarbeite. Kaiser machte dennoch seinen Standpunkt klar: Seine Plattenfirma schreibe den Künstlern keinesfalls vor, was sie zu tun oder zu lassen hätten, aber letztlich könne Ohr kein Wohltätigkeitsverein sein. Pallat schließlich beendete die von ihm als „scheißliberal“ bezeichnete Sendung, indem er plötzlich eine Axt unter der Jacke hervorzog und versuchte, den (sehr haltbaren) Studiotisch zu zerschlagen. Nachdem er daran mehr oder weniger gescheitert war, klaute er einige Mikrofone („Für Strafgefangene!“) und verschwand. Was er mit dieser Aktion zum Ausdruck bringen wollte, weiß er vermutlich heute noch nicht. Der Ausschnitt ist im Web zu finden.
Wohin Pallats Einstellung letztlich führte, bekam übrigens genau Ton Steine Scherben später zu spüren: Ein Konzertausschnitt von 1976 zeigt einen sichtlich genervten Rio Reiser, der dem Publikum klarzumachen versucht, auch eine politische Band wie Ton Steine Scherben könne nicht immer nur Solidaritätskonzerte ohne Gage spielen - selbst linke Musiker brauchen zum Überleben ein Minimum an Einnahmen. Der überwiegende Teil der Zuschauer starrte ihn an und dachte ganz offenkundig: „Wovon zum Teufel redet dieser Typ überhaupt?“
Geschäft
Wie man also sieht, musste man damals mit wirtschaftlichen Erfolgsmeldungen vorsichtig umgehen - sie konnten nach hinten losgehen. Kapitalist Meisel und sein Knecht Kaiser gaben dennoch bekannt, in den ersten beiden Geschäftsjahren ungefähr 250.000 Alben verkauft zu haben – scheinbar eine durchaus kommerzielle Zahl. Aber nur auf den ersten Blick. Vorausgesetzt, die Zahl stimmt überhaupt (überprüfen kann das heute niemand mehr), dann muss man bedenken, dass sie sich auf nicht weniger als 18 Produktionen verteilte, und im Schnitt verkaufte eine deutsche Rockgruppe von einem Album damals zwischen 1.000 und 3.000 Exemplare – mehr nicht. Der Markt war winzig klein. Nur 0,5 Prozent der in Deutschland verkauften Rock-LPs stammten von deutschen Bands, 99,5 Prozent entfielen auf britische und amerikanische Produktionen. Kraftwerk, zum Vergleich, verkauften von ihrem ersten Album (im Herbst 1970 auf Philips veröffentlicht) innerhalb eines Jahres rund 60.000 Exemplare. Das galt als "sehr ordentlich", und ungefähr in dieser Größenordnung wird man auch die Top-Seller der Ohr- und Pilz-Musikproduktion ansiedeln dürfen, Tangerine Dream, Ash Ra Tempel und Guru Guru. Zudem war es damals üblich, dass die Plattenfirmen auch die Produktions- und Studiokosten trugen; Bandübernahmeverträge waren noch die Ausnahme.
Das Problem zeigt sich deutlich: Die zwei, drei gut verkaufenden Alben mochten für sich genommen erfolgreich und gewinnbringend sein, aber sie generierten nicht genügend Einnahmen, um auch die Produktionskosten der anderen Alben mit abzudecken. Zu diesem Zeitpunkt dürfte Ohr deshalb trotz einer Viertelmillion verkaufter Platten kaum nennenswerte Gewinne abgeworfen haben, obwohl die Firma sogar einige Lizenzdeals mit amerikanischen Labels landen konnte.
Das Problem zeigt sich deutlich: Die zwei, drei gut verkaufenden Alben mochten für sich genommen erfolgreich und gewinnbringend sein, aber sie generierten nicht genügend Einnahmen, um auch die Produktionskosten der anderen Alben mit abzudecken. Zu diesem Zeitpunkt dürfte Ohr deshalb trotz einer Viertelmillion verkaufter Platten kaum nennenswerte Gewinne abgeworfen haben, obwohl die Firma sogar einige Lizenzdeals mit amerikanischen Labels landen konnte.
Ein Jahr später, Anfang 1973, meldete Hansa, von den zu diesem Zeitpunkt etwa 50 unter Kaisers Regie veröffentlichten LPs hätten sich insbesondere sieben Produktionen mit der neuen elektronischen "kosmischen Musik" gut verkauft. Zahlen wurden diesmal aber nicht mehr genannt.
Promotion
Kaiser nahm nun auch zunehmend obskure und unausgegorene Produkte ins Programm auf und verwechselte offenkundig Umsatz und Gewinn. Zudem hatte er sich vorgenommen, den schon erwähnten Marktanteil deutscher Rockmusik von 0,5 Prozent auf über 90 Prozent zu erhöhen – und das innerhalb nur einiger Monate! Um dieses Ziel zu erreichen, kompensierte er fehlende musikalische Qualität mit immer abgedrehterer Promotion und massiven Anzeigenkampagnen. Und der Neid muss es ihm lassen: Eine Zeitlang sah das so aus, als würde es tatsächlich funktionieren. Kaiser hatte den Bogen raus, der politisierten und psychedelischen Szene ihre eigenen Wunschvorstellungen zu verkaufen: Schallplatten plus Image. Er verkaufte keine Platten, sondern eine Lebensphilosophie. Skrupel dürfte er keine gehabt haben; man darf durchaus unterstellen, dass er an sein eigenes Werbegeklingel tatsächlich geglaubt hat – und 1971 galt er ja vielen durchaus noch als seriöser Pop-Journalist. Er traf den Jargon seiner Klientel, denn es war sein eigener; die Pop-Presse ("Sounds", "Musik-Express", "Pop" et cetera) stieg voll auf seinen Stil und seine Phrasen ein – man lese nur mal die Plattenbesprechungen jener Jahre. Kaiser gab eine vierzehntägig erscheinende PR-Zeitschrift namens „deutsche popszene“ exklusiv für Redaktionen, Journalisten und Medienleute heraus, in der er Hintergrundstories über seine Künstler und Zeitgeistiges aller Art anbot; für jedes neue Album gestaltete er dicke und aufwendige Pressemappen und pflasterte sämtliche erreichbaren Zeitschriften, Radio- und TV-Stationen damit zu.
Kaiser beherrschte auch den guten alten Trick des "kalkulierten Skandals". "Präzise und überlegt" bezog er das Cover der Birth-Control-LP Operation von 1971 (das keinerlei Bezug zum Inhalt der Songs hatte) in den "Karriere-Plan" der Band ein ("Spiegel").
Kaiser beherrschte auch den guten alten Trick des "kalkulierten Skandals". "Präzise und überlegt" bezog er das Cover der Birth-Control-LP Operation von 1971 (das keinerlei Bezug zum Inhalt der Songs hatte) in den "Karriere-Plan" der Band ein ("Spiegel").
Das Cover zeigte ein gigantisches Insekt, das unter der segnenden Hand Papst Pauls VI. Babys frisst - jenes Papstes also, der 1968 die umstrittene Enzyklika "Humanae vitae - Über die Weitergabe des menschlichen Lebens" veröffentlicht hatte. Diese Provokation mag heute schon fast hausbacken wirken, damals aber reichte sie aus, um katholische Geistliche in Deutschland gegen die vermeintliche "Porno-Gruppe" auf die Barrikaden zu treiben. In der Schweiz wurden Konzertplakate der Band verboten, in England weigerten sich die Arbeiterinnen eines Plattenvertriebs, die Platte zu versenden.
Ulrich Rützel: „Kaiser war enorm begabt, was PR und Marketing anging, und wir fanden das ganz toll, wie da einer eine vollkommen langweilige deutsche Musikindustrie gründlich entstaubte.“ Und Kaiser blieb bienenfleißig. Rützel: „Damals gab es ja noch keine Anrufbeantworter, und oft genug hat Kaiser mich nachts angerufen, weil er wieder eine neue Idee hatte. Anfangs habe ich gedacht: Das ist Rock ‘n‘ Roll. Aber irgendwann will man ja auch wieder in Ruhe schlafen ...“
Peter, du musst den bremsen
Irgendwann schließlich hatte Kaiser die PR-Schraube so weit angezogen, dass der Hansa-Marketingleiter Hans Blume sich veranlasst sah, seinen Chef ins Gebet zu nehmen: „Als jemand, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht, hatte ich ziemlich schnell den Verdacht, dass das nicht gutgeht. Und zu Meisel sagte ich: ‚Peter, du musst den bremsen!‘ Aber wenn man bei der Schallplatte war wie wir, dann wollte man ja auch immer Neues probieren. Und es hätte ja sein können ...“
Gille
Meisel hätte überdies inzwischen nicht nur Kaiser allein bremsen müssen, sondern auch dessen Lebensgefährtin Gerlinde Lettmann, genannt Gille, Textildesignerin aus Köln.
Im Frühjahr 1968 fuhr der Düsseldorfer Journalist Hubert Maessen mit der Eisenbahn nach Köln zum WDR. Er hatte einen Koffer mit LPs dabei, die er während der Fahrt durchblätterte. Ihm gegenüber im Abteil saß ein 18-jähriges Mädchen und sprach ihn auf die Platten an: Das war Gille. Für kurze Zeit wurde aus dieser Zufallsbegegnung eine kleine Liebesaffäre. Maessen nahm Gille, die damals noch bei ihren Eltern wohnte, in den folgenden Wochen gelegentlich zu Redaktionssitzungen der Sendung "Panoptikum" mit. Die Beziehung von Gille und Maessen endete einige Wochen später, aber es dauerte nicht lange, bis sich Gille einen neuen Freund geangelt hatte: den Mönch und berserkerhaften Schreiber Rolf-Ulrich Kaiser, der, man erinnere sich, als Freelancer zum Redaktionsteam gehörte. Es muss wohl die große Liebe gewesen sein, im Prinzip jedenfalls gab es die beiden von da an nur noch im Doppelpack.
Hubert Maessen beschreibt Gille Lettmann als "hellwach, selbstbewusst, zupackend, neugierig". Und war sie zunächst hauptsächlich nur Kaisers Freundin gewesen, so baute sie ab 1971 ihre Rolle innerhalb der Firma aus. Sie war eher noch schwerer zu bremsen als Kaiser; die beiden jagten sich ständig gegenseitig von einer Idee zur nächsten.
Gille Lettmann, 1973
Hubert Maessen beschreibt Gille Lettmann als "hellwach, selbstbewusst, zupackend, neugierig". Und war sie zunächst hauptsächlich nur Kaisers Freundin gewesen, so baute sie ab 1971 ihre Rolle innerhalb der Firma aus. Sie war eher noch schwerer zu bremsen als Kaiser; die beiden jagten sich ständig gegenseitig von einer Idee zur nächsten.
Leary
1972 trat ein weiteres Ereignis ein - von heute aus gesehen der Anfang vom Ende: Der amerikanische LSD-Trickster und gefeuerte Harvard-Dozent Timothy Leary (1920-1996) war nach seiner Flucht aus einem US-Gefängnis mit seiner Frau in der Schweiz gelandet. (Professor übrigens, obwohl einige Quellen Gegenteiliges behaupten, ist Leary in Harvard nie gewesen.) Zu seinen Gastgebern gehörte der Interlakener Ohr-Künstler Sergius Golowin, der den Kontakt der Kaiser-Lettmann-Crew zu Leary herstellte.
In Leary fand Gille Lettmann ihren persönlichen Guru, in der von ihm propagierten Droge sah sie ihren Weg. Und wie es jemand aus dem Umfeld der beiden formulierte, versuchte Kaiser, den man vom LSD ohnehin nicht mehr überzeugen musste, von da an für Gille das zu sein, was diese in Leary sah. Diese Konstellation markiert wohl auch den Ausgangspunkt der persönlichen Tragödie der beiden.
Noch in der Schweiz schleppten sie die Ash-Ra-Tempel-Musiker in ein Studio in Bern und ließen diese mit Leary das Album Seven Up einspielen. Als Krautrock-Fan war man an unfähige Sänger ohnehin gewöhnt, und so fielen Learys Vokalbeiträge nicht weiter auf. Es dürfte – wie oft – der Klasse der Musiker und nicht zuletzt dem Toningenieur Dieter Dierks zu danken sein, dass das resultierende Album trotzdem noch zu ertragen war.
Zerfall
Wer genau hinsah, konnte den bevorstehenden Zerfall bereits erkennen. 1972 verließen Kaiser zwei seiner wichtigsten Mitarbeiter, denen die Angelegenheit allmählich über die Hutschnur ging: Bruno Wendel und Günter Körber. Sie schlossen sich mit der Ohr-Vertriebsfirma Deutsche Metronome kurz und stellten dort das Sublabel Brain Records auf die Beine. Es dauerte nicht lange, bis Brain zur ersten Adresse für deutsche Rockmusik geworden war – und damit zu Kaisers härtester Konkurrenz, zumal die beiden auch einige wichtige Ohr-Künstler mitgenommen hatten.
Günter Körber machte sich 1975 schließlich selbständig und gründete das nicht weniger verdienstvolle Label Sky Records. Er verstarb im September 2013.
Günter Körber machte sich 1975 schließlich selbständig und gründete das nicht weniger verdienstvolle Label Sky Records. Er verstarb im September 2013.
Im Mai 1973 trennte sich schließlich auch Peter Meisel von Kaiser – es war ihm klar geworden, dass der Kahn nun auf Kurs Eisberg gegangen war. (Meisel übersiedelte 1984 in die USA und wurde dort Teilhaber der Fast-Food-Kette „Wendy’s“. Nach dem Mauerfall kehrte er nach Berlin zu Hansa zurück und entdeckte u.a. die Prinzen und später Lou Bega. Peter Meisel verstarb 2010 in seiner Wahlheimat Pinehurst, North Carolina.)
Die Ohr & Pilz Musikproduktion, jetzt unter der Alleinregie von Kaiser & Lettmann, zog um ins Berliner Europa-Center, zudem hatte Kaiser immer noch seine alte Wohnadresse im Kölner Stadtteil Dellbrück, die nun zur zweiten Firmenadresse wurde.
Die Ohr & Pilz Musikproduktion, jetzt unter der Alleinregie von Kaiser & Lettmann, zog um ins Berliner Europa-Center, zudem hatte Kaiser immer noch seine alte Wohnadresse im Kölner Stadtteil Dellbrück, die nun zur zweiten Firmenadresse wurde.
Kosmische Kuriere
Wir sind die Kosmischen Kuriere.
Zuerst senden wir unsere Musik,
später expandieren wir in eine schönere Welt.
(Pressemitteilung)
Unter dem nachhaltigen Einfluss Learys traf die beiden nun endgültig der kosmische Blitz. Sie gründeten ein weiteres Label namens zunächst Kosmische Kuriere, denn als genau solche verstanden sie sich. Die Labelgestaltung gemahnte zunächst allerdings eher an ein Mitteilungsblatt der Landjugend denn an Abenteuer im Weltall, doch wenig später tauften sie das Label um in Kosmische Musik und änderten auch den optischen Auftritt.
Nicht, dass es vorher keine Drogenbezüge in den Ohr- und Pilz-Veröffentlichungen gegeben hatte - schon auf den Essener Songtagen hatte sich Kaiser ja hinlänglich über „Bewusstseinserweiterung“ ausgelassen, und auch seine Bücher waren voll mit diesem Thema. Das war nicht nur Kaisers Privatmeise, es lag auch im damaligen Zeitgeist, abzulesen nicht nur an der Musik, sondern auch und gerade an der Werbung – man denke etwa an die von Charles Wilp kreierten Kino- und Fernsehspots für „Afri-Cola“, und selbst stockkonservative Bekleidungsketten wie C&A arbeiteten damals mit psychedelischer Werbegrafik. Und das taten auch Ohr und Pilz.
Zunächst waren die psychedelischen Botschaften vorrangig grafischer Natur gewesen, oder sie kamen musikalisch verschlüsselt daher, oder sie waren – wie etwa bei Witthüser & Westrupp – mit deutlichen "Herr der Ringe"-Anleihen und freundlich-absurdem Humor gewürzt. Mit den Kosmischen Kurieren änderte sich das. Kaiser und Lettmann sahen halluzinogene Drogen als Heilsbringer für sich und den Rest der Welt an. Der vormals spielerische Charakter ging darüber weitgehend verloren. Learys „Gebrauchsanleitungen“ flossen zum Teil kaum modifiziert in Songs ein; als ein Beispiel sei Ash Ra Tempels „Interplay Of Forces“ vom Album Starring Rosi genannt. Wobei das Verblüffende auch in diesem Fall wieder war, dass das Album musikalisch und produktionstechnisch durchaus auch heute noch hörenswert ist.
Zunächst waren die psychedelischen Botschaften vorrangig grafischer Natur gewesen, oder sie kamen musikalisch verschlüsselt daher, oder sie waren – wie etwa bei Witthüser & Westrupp – mit deutlichen "Herr der Ringe"-Anleihen und freundlich-absurdem Humor gewürzt. Mit den Kosmischen Kurieren änderte sich das. Kaiser und Lettmann sahen halluzinogene Drogen als Heilsbringer für sich und den Rest der Welt an. Der vormals spielerische Charakter ging darüber weitgehend verloren. Learys „Gebrauchsanleitungen“ flossen zum Teil kaum modifiziert in Songs ein; als ein Beispiel sei Ash Ra Tempels „Interplay Of Forces“ vom Album Starring Rosi genannt. Wobei das Verblüffende auch in diesem Fall wieder war, dass das Album musikalisch und produktionstechnisch durchaus auch heute noch hörenswert ist.
LSD in your tea
Angeblich, so ist zu lesen, jubelten Kaiser und/oder Gille den Musikern im Studio gelegentlich LSD in Getränken unter. Klaus Schulze sagt in einem Interview sogar: „Teilweise mussten wir Drogen nehmen, um überhaupt da mitmachen zu dürfen bei den Monster-Sessions.“ – Natürlich lässt sich das heute nicht mehr überprüfen, aber mit vorgehaltener Waffe gezwungen haben wird man ihn wohl nicht. Und spätestens, wenn man liest, wie Walter Westrupp in seiner Autobiographie mit dem Begriff „Kaisers Kaffee“ (damals auch Namensbestandteil einer Supermarktkette) herumalbert, wird klar, dass zumindest ein Teil der Musiker sehr wohl wusste, was Sache war. Aber wohl eben doch nicht alle. Die Sängerin Bettina Müller-Hohls etwa, die an den Sessions zum erwähnten Album Seven Up mitwirkte, wusste nicht, was sie mit ihrem Erfrischungsgetränk zu sich nahm. Gille erkundigte sich später bei ihr, ob sie "gut durchgekommen" sei. Klaus Schulze: "Rolf-Ulrich würde uns am liebsten immer high im Studio haben, aber auf einem Trip kann ich nicht improvisieren" - denn wie schon Witthüser & Westrupp sangen: "If you take LSD in your tea, you will feel it in your knee." Mehr als das ist glücklicherweise in den meisten Fällen nicht zurückgeblieben, aber "fest steht, dass aus dem inneren Kaiser-Kreis, einer Gruppe von einigen Dutzend Leuten, mindestens fünf in der Psychiatrie gelandet sind" (Hub).
Angeblich, so ist zu lesen, jubelten Kaiser und/oder Gille den Musikern im Studio gelegentlich LSD in Getränken unter. Klaus Schulze sagt in einem Interview sogar: „Teilweise mussten wir Drogen nehmen, um überhaupt da mitmachen zu dürfen bei den Monster-Sessions.“ – Natürlich lässt sich das heute nicht mehr überprüfen, aber mit vorgehaltener Waffe gezwungen haben wird man ihn wohl nicht. Und spätestens, wenn man liest, wie Walter Westrupp in seiner Autobiographie mit dem Begriff „Kaisers Kaffee“ (damals auch Namensbestandteil einer Supermarktkette) herumalbert, wird klar, dass zumindest ein Teil der Musiker sehr wohl wusste, was Sache war. Aber wohl eben doch nicht alle. Die Sängerin Bettina Müller-Hohls etwa, die an den Sessions zum erwähnten Album Seven Up mitwirkte, wusste nicht, was sie mit ihrem Erfrischungsgetränk zu sich nahm. Gille erkundigte sich später bei ihr, ob sie "gut durchgekommen" sei. Klaus Schulze: "Rolf-Ulrich würde uns am liebsten immer high im Studio haben, aber auf einem Trip kann ich nicht improvisieren" - denn wie schon Witthüser & Westrupp sangen: "If you take LSD in your tea, you will feel it in your knee." Mehr als das ist glücklicherweise in den meisten Fällen nicht zurückgeblieben, aber "fest steht, dass aus dem inneren Kaiser-Kreis, einer Gruppe von einigen Dutzend Leuten, mindestens fünf in der Psychiatrie gelandet sind" (Hub).
Wo Radha und Krishna ihre Liebe tanzen
Alle Aktivitäten der bisherigen Labels Ohr und Pilz wurden in dem neuen Projekt Kosmische Kuriere gebündelt. Und war schon die Promotion von Ohr und Pilz nicht von Pappe gewesen, so inszenierten die Kosmischen Kuriere einen Promotion-Overkill, wie man ihn in Deutschland bis anhin nicht erlebt hatte (und erst mit der „Neuen Deutschen Welle“ in den 1980er Jahren wieder erleben sollte).
Da war von „akustischem LSD“ die Rede, nichts ging mehr ohne Kosmos-Bezug, gewaltige Anzeigenkampagnen wurden in der Presse geschaltet, sprachlich zwischen infantil und weggetreten angesiedelte Pressemappen wurden versandt, die am Ende selbst bei gutwilligen Fans und Journalisten nur noch Kopfschütteln oder Schmunzeln auslösten. "Du bist eingeladen zu einem Flug durch deine Kindheit, in die Gefilde der Freude, zu den Zentren der Nerven, in das weiße Licht der Urkraft deines Lebens" hieß es zur obenerwähnten Leary-LP, geboten wurde eine "Führung durch die sieben Ebenen des Bewusstseins", die Weisheiten von "Magiern und Alchimisten, Philosophen und Psychologen" wurden angekündigt, und die Pressemappe zum Album Lord Krishna von Goloka von Sergius Golowin ließ wissen: "Krishna ist keine Legende aus Indien! Krishna bist Du! ... Hin zu der weißen Alm, wo Radha und Krishna ihre Liebe tanzen."
Dieser Unfug dürfte bereits nicht mehr aus Kaisers, sondern Gille Lettmanns Feder gestammt haben. Diese nahm nun zusehends das Heft in die Hand.
Sie entwarf Kostüme, in die sie die Musiker zu stecken gedachte. Die hätten allerdings eher zu The Sweet oder dergleichen Glamrock-Acts aus Ilja Richters "Disco" gepasst. Zwar soll Kaiser dann in der Tat "in schönen neuen Kleidern, in Samt und Latex mit Silberpailletten und allerlei funkelndem Flitterkram" (Spiegel) herumgelaufen sein; seine Musiker aber sind in Klamotten dieser Art nicht gesehen worden. So blieben anscheinend Kaiser und Gille die einzigen Abnehmer ihrer Kreationen.
Sternenmädchen
Irgendwann um diesen Zeitpunkt herum transformierte sich Gille Lettmann in eine neue Persönlichkeit, die sie Sternenmädchen nannte: "Hallo, galactic people. Ich bin das Sternenmädchen. Ich wurde auf die Erde gepustet, um dir Freude zu bringen. Jetzt hast du eine der Schallplatten, die ich für dich produziert habe. Mach die Augen zu und fahr ab. Von einer Wolke grüßt Gille, Sternenmädchen."
Wie der Ausriss zeigt, zeichnet Gille hier noch mit ihrem Namen und bezeichnet sich als "das Sternenmädchen". Das änderte sich später; es wird darauf zurückzukommen sein.
Kaiser mietete einen Eisenbahnwaggon, ließ ihn bunt bemalen, setzte seine Künstler hinein und graste mit ihnen Lokalzeitungen in ganz Deutschland ab, er ließ Journalisten per Bus zu Pressekonferenzen irgendwo in den Wald fahren, wo er zuvor ein Soundsystem und aufblasbare weiße Plastiksessel hatte aufstellen lassen. Zur Veröffentlichung von Walter Wegmüllers Album Tarot wurde sogar ein von diesem entworfenes Tarotspiel gedruckt. Ein besonderer Wurf gelang Kaiser in den USA: Dort schaltete er eine Anzeige im Rolling Stone, die wie ein redaktioneller Artikel über deutsche Rockmusik aufgemacht war. Ein Teil dieser Aktivitäten wurde über eine eigens dafür gegründete Firma abgewickelt, "Sternenmädchens Media Service GmbH" mit Sitz in Köln.
Sternenmädchen
Irgendwann um diesen Zeitpunkt herum transformierte sich Gille Lettmann in eine neue Persönlichkeit, die sie Sternenmädchen nannte: "Hallo, galactic people. Ich bin das Sternenmädchen. Ich wurde auf die Erde gepustet, um dir Freude zu bringen. Jetzt hast du eine der Schallplatten, die ich für dich produziert habe. Mach die Augen zu und fahr ab. Von einer Wolke grüßt Gille, Sternenmädchen."
Wie der Ausriss zeigt, zeichnet Gille hier noch mit ihrem Namen und bezeichnet sich als "das Sternenmädchen". Das änderte sich später; es wird darauf zurückzukommen sein.
Kaiser mietete einen Eisenbahnwaggon, ließ ihn bunt bemalen, setzte seine Künstler hinein und graste mit ihnen Lokalzeitungen in ganz Deutschland ab, er ließ Journalisten per Bus zu Pressekonferenzen irgendwo in den Wald fahren, wo er zuvor ein Soundsystem und aufblasbare weiße Plastiksessel hatte aufstellen lassen. Zur Veröffentlichung von Walter Wegmüllers Album Tarot wurde sogar ein von diesem entworfenes Tarotspiel gedruckt. Ein besonderer Wurf gelang Kaiser in den USA: Dort schaltete er eine Anzeige im Rolling Stone, die wie ein redaktioneller Artikel über deutsche Rockmusik aufgemacht war. Ein Teil dieser Aktivitäten wurde über eine eigens dafür gegründete Firma abgewickelt, "Sternenmädchens Media Service GmbH" mit Sitz in Köln.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass Kaiser und Lettmann im direkten Umgang gar nicht so durchgeknallt wirkten, wie man vermuten sollte. Archie Patterson schildert in einer Würdigung Kaisers ein Interview, das ein Freund von ihm mit den beiden in ihrer durchaus bürgerlich eingerichteten Kölner Wohnung führte: „Er verbrachte den Nachmittag mit ihnen, und nach seiner Rückkehr sagte er mir, sie seien nett gewesen, fast reserviert, und keineswegs die abgedrifteten kosmischen Figuren, als die sie sich in der Öffentlichkeit inszenierten. Tatsächlich, so sagte er, seien sie sehr geradlinig und geschäftsmäßig gewesen, und ihre Wirklichkeit passte so gar nicht zu dem Mythos, den sie mit ihrer Promotion nahelegten.“
Musiker
Viele von Kaisers Musikern wollen im Nachhinein immer schon dagegen gewesen sein. Doch das, man muss es so deutlich sagen, dürften Schutzbehauptungen sein. Zwar gab es immer wieder einmal Reibereien über Verträge und Vertragsbedingungen, doch nur selten äußerte sich das in einer Form wie im Fall der Band Xhol, die ihr im März 1971 erschienenes Album Hau-RUK betitelte. Und letztlich spricht es eher für als gegen RUK, dass er diesen Titel nicht gestoppt hat.
Aber solches war eh die Ausnahme. Die meisten seiner Musikanten haben zumindest zeitweilig an diesen Hype geglaubt, sie haben ihn mitgemacht, und bestimmt nicht mal ungern. Wer es nicht glaubt, greife zu "Rock-Zeit" und lese dort deren eigene Statements nach. Und Wallenstein-Keyboarder Jürgen Dollase fand selbst Jahre später noch: „Kaiser hatte die Idee, Magier und spirituelle Lehrer in die Produktionen einzubeziehen, die Energie spenden sollten – und da war was dran.“ (Dollase ist heute Restaurantkritiker der „FAZ“ – passt scho, würde man in Bayern wohl sagen.) Das Kaiserreich hatte Züge einer großen Familie an sich: „Ich hatte Ratten in der Wohnung, aber im Studio, da fühlte ich mich geborgen,“ sagt der Wallenstein-Drummer Harald Großkopf. „Mutter Dierks kochte für uns, Rolf-Ulrich und Gille, ein paar Jahre älter als wir Musiker, waren eloquent und belesen. Während unsere Elterngeneration im Bewusstsein der 68er Zeit noch zur Nazigeneration gehörte, habe ich da alles aufgesogen, was sonst nur eine Familie hätte vermitteln können. Um so verstörter war ich in meiner kleinen Love-and-Peace-Hippiewelt, als später diese Geschichten mit den ganzen Prozessen losgingen.“
Sunshine-Verträge
Eine auch bei den Musikern kontrovers diskutierte Angelegenheit waren Kaisers sogenannte "Sunshine-Verträge" (so benannt nach der Szenebezeichnung des von ihm bevorzugten LSD-Präparates). Diese waren ein Weg, eine Band langfristig ans Label zu binden. Dazu muss man wissen, dass damals jede Band ihr eigenes PA-System benötigte (PA = public address; das Lautsprechersystem, mit dem im Konzert das Publikum beschallt wird), denn es gab damals noch keine PA-Verleiher wie heute. Die Folge war, dass eine Band sich zunächst einmal erheblich verschulden musste, um eine solche Anlage zu kaufen - ohne die hätte sie nicht auftreten können.
Kaisers sonniges Angebot: Er stellte der Band Equipment im Wert von 40.000 Mark zur Verfügung und zahlte ihr obendrein einen monatlichen Vorschuss von 1.000 Mark. Er verlangte dafür 25 Prozent aller Einnahmen, die die Band aus kreativer Tätigkeit erzielte. (40.000 Mark war damals ein für Normalsterbliche fast irreal hoher Betrag. Um einen Vergleichmaßstab zu nennen: Der Verfasser verdiente Mitte der 1970er Jahre als Industriekaufmann monatlich etwa 1.300 Mark brutto.)
Kaiser hat diese Art von Vertrag nicht erfunden, etliche Plattenfirmen boten ähnliche Konditionen. Es ist auch nichts Unfaires an diesem Angebot, es ist ein klarer und eindeutiger Deal; jede Band konnte entscheiden, ob sie sich darauf einlassen wollte oder nicht. Tat sie es aber, dann stand sie plötzlich tief bei ihrer Plattenfirma in der Kreide. Und damit war sie kaum noch in der Lage, das Label zu verlassen - dann nämlich hätte sie das Geld zurückzahlen müssen. Das konnten sich nur wenige Bands leisten; selbst Tangerine Dream hätten es damals nicht gekonnt. Insofern ist es nachvollziehbar, wenn Edgar Froese an Kaiser schrieb: "Du nutzt einfach die Situation auf Kosten anderer aus. Sollte das Dein Prinzip der Freude sein, so verzichte ich gern darauf."
Aber solches war eh die Ausnahme. Die meisten seiner Musikanten haben zumindest zeitweilig an diesen Hype geglaubt, sie haben ihn mitgemacht, und bestimmt nicht mal ungern. Wer es nicht glaubt, greife zu "Rock-Zeit" und lese dort deren eigene Statements nach. Und Wallenstein-Keyboarder Jürgen Dollase fand selbst Jahre später noch: „Kaiser hatte die Idee, Magier und spirituelle Lehrer in die Produktionen einzubeziehen, die Energie spenden sollten – und da war was dran.“ (Dollase ist heute Restaurantkritiker der „FAZ“ – passt scho, würde man in Bayern wohl sagen.) Das Kaiserreich hatte Züge einer großen Familie an sich: „Ich hatte Ratten in der Wohnung, aber im Studio, da fühlte ich mich geborgen,“ sagt der Wallenstein-Drummer Harald Großkopf. „Mutter Dierks kochte für uns, Rolf-Ulrich und Gille, ein paar Jahre älter als wir Musiker, waren eloquent und belesen. Während unsere Elterngeneration im Bewusstsein der 68er Zeit noch zur Nazigeneration gehörte, habe ich da alles aufgesogen, was sonst nur eine Familie hätte vermitteln können. Um so verstörter war ich in meiner kleinen Love-and-Peace-Hippiewelt, als später diese Geschichten mit den ganzen Prozessen losgingen.“
Sunshine-Verträge
Eine auch bei den Musikern kontrovers diskutierte Angelegenheit waren Kaisers sogenannte "Sunshine-Verträge" (so benannt nach der Szenebezeichnung des von ihm bevorzugten LSD-Präparates). Diese waren ein Weg, eine Band langfristig ans Label zu binden. Dazu muss man wissen, dass damals jede Band ihr eigenes PA-System benötigte (PA = public address; das Lautsprechersystem, mit dem im Konzert das Publikum beschallt wird), denn es gab damals noch keine PA-Verleiher wie heute. Die Folge war, dass eine Band sich zunächst einmal erheblich verschulden musste, um eine solche Anlage zu kaufen - ohne die hätte sie nicht auftreten können.
Kaisers sonniges Angebot: Er stellte der Band Equipment im Wert von 40.000 Mark zur Verfügung und zahlte ihr obendrein einen monatlichen Vorschuss von 1.000 Mark. Er verlangte dafür 25 Prozent aller Einnahmen, die die Band aus kreativer Tätigkeit erzielte. (40.000 Mark war damals ein für Normalsterbliche fast irreal hoher Betrag. Um einen Vergleichmaßstab zu nennen: Der Verfasser verdiente Mitte der 1970er Jahre als Industriekaufmann monatlich etwa 1.300 Mark brutto.)
Kaiser hat diese Art von Vertrag nicht erfunden, etliche Plattenfirmen boten ähnliche Konditionen. Es ist auch nichts Unfaires an diesem Angebot, es ist ein klarer und eindeutiger Deal; jede Band konnte entscheiden, ob sie sich darauf einlassen wollte oder nicht. Tat sie es aber, dann stand sie plötzlich tief bei ihrer Plattenfirma in der Kreide. Und damit war sie kaum noch in der Lage, das Label zu verlassen - dann nämlich hätte sie das Geld zurückzahlen müssen. Das konnten sich nur wenige Bands leisten; selbst Tangerine Dream hätten es damals nicht gekonnt. Insofern ist es nachvollziehbar, wenn Edgar Froese an Kaiser schrieb: "Du nutzt einfach die Situation auf Kosten anderer aus. Sollte das Dein Prinzip der Freude sein, so verzichte ich gern darauf."
Prozesse
Für das Geschäftsjahr 1973 hatten Kaiser und Lettmann einen Finanzplan ausgeheckt, der an die sprichwörtliche „wundersame Geldvermehrung“ denken lässt: Sie wollten ihren Umsatz mehr als versechsfachen und peilten damit Einnahmen von fast 3,5 Millionen Mark an; 1,8 Millionen davon wollten sie in neue Produktionen investieren (Hub).
Zudem hatten sie Liz Elliot und Brian Barritt, die europäische Rest-Gefolgschaft des mittlerweile wieder inhaftierten Leary, dazu auserkoren, das Management einiger Gruppen zu übernehmen. Davon war nun Edgar Froese, vorsichtig gesagt, nicht begeistert: "Aus definitiven Erfahrungen wissen wir, in welch hochgradiger Form sie von der Spritze abhängig sind", so schrieb er in einem Brief an Kaiser. Und das war nicht alles: "Hinzu kommt, dass ich Deine Auslegung vom notwendigen Umgang mit Drogen nicht nachvollziehen kann."
Längst war ihm, ebenso wie Klaus Schulze, der exzessive PR-Zirkus zu bunt geworden, und beide hatten sie keine Lust mehr, ständig mit Aufforderungen zum Drogenkonsum gelöchert zu werden. Beide wollten das Label verlassen, aber selbstverständlich war Kaiser nicht willens, seine Topseller freiwillig gehen zu lassen, zumal er fürchtete, andere seiner Künstler könnten deren Beispiel folgen. Er bestand auf Einhaltung der Verträge.
Im Juli 1973 zogen Froese und Schulze vor den Kadi. Mit Erfolg. Das Landgericht Berlin schrieb in seinem Urteilsspruch vom Mai 1974: „Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass die großsprecherische Art (der Plattenfirma) in hohem Maße geeignet ist, die ihm (Kaiser) angeschlossenen Musiker bei einem nicht unerheblichen Teil der Fachkreise ... lächerlich zu machen.“
Zudem hatten sie Liz Elliot und Brian Barritt, die europäische Rest-Gefolgschaft des mittlerweile wieder inhaftierten Leary, dazu auserkoren, das Management einiger Gruppen zu übernehmen. Davon war nun Edgar Froese, vorsichtig gesagt, nicht begeistert: "Aus definitiven Erfahrungen wissen wir, in welch hochgradiger Form sie von der Spritze abhängig sind", so schrieb er in einem Brief an Kaiser. Und das war nicht alles: "Hinzu kommt, dass ich Deine Auslegung vom notwendigen Umgang mit Drogen nicht nachvollziehen kann."
Längst war ihm, ebenso wie Klaus Schulze, der exzessive PR-Zirkus zu bunt geworden, und beide hatten sie keine Lust mehr, ständig mit Aufforderungen zum Drogenkonsum gelöchert zu werden. Beide wollten das Label verlassen, aber selbstverständlich war Kaiser nicht willens, seine Topseller freiwillig gehen zu lassen, zumal er fürchtete, andere seiner Künstler könnten deren Beispiel folgen. Er bestand auf Einhaltung der Verträge.
Im Juli 1973 zogen Froese und Schulze vor den Kadi. Mit Erfolg. Das Landgericht Berlin schrieb in seinem Urteilsspruch vom Mai 1974: „Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass die großsprecherische Art (der Plattenfirma) in hohem Maße geeignet ist, die ihm (Kaiser) angeschlossenen Musiker bei einem nicht unerheblichen Teil der Fachkreise ... lächerlich zu machen.“
Froese versuchte anschließend in einem zweiten Prozess, ausstehende Tantiemen einzuklagen. Er musste durch alle Instanzen gehen, bis ihm schließlich vier Jahre später der Bundesgerichtshof Recht gab.
Geld allerdings hat er nie gesehen – kein Wunder, denn das hatte immer nur in Kaisers und Lettmanns fiebriger Phantasie und ihren Geschäftsplänen existiert. Nichts war real gewesen. Nicht einmal ihren Anwalt konnten die beiden noch bezahlen.
Dabei war es wohl nicht einmal bewusster Betrug. Kaiser, so Jürgen Dollase, war am Ende einfach "seinen eigenen Wahn-Visionen auf den Leim" gegangen.
Geld allerdings hat er nie gesehen – kein Wunder, denn das hatte immer nur in Kaisers und Lettmanns fiebriger Phantasie und ihren Geschäftsplänen existiert. Nichts war real gewesen. Nicht einmal ihren Anwalt konnten die beiden noch bezahlen.
Dabei war es wohl nicht einmal bewusster Betrug. Kaiser, so Jürgen Dollase, war am Ende einfach "seinen eigenen Wahn-Visionen auf den Leim" gegangen.
Cosmic Jokers
1974. Kaiser und Lettmann holten zu einem neuen Coup aus – ihrem letzten, wie sich herausstellen sollte: Sie wählten diverse Tracks aus dem Labelrepertoire aus, ließen sie neu abmischen, fügten einige unveröffentlichte Ausschnitte aus Studiosessions hinzu (unter anderem mit Klaus Schulze, Wallenstein, Tangerine Dream, Jerry Berkers, Ash Ra Tempel, Witthüser & Westrupp und anderen) und bauten verhallte, echogeladene Kommentare und Zwischenrufe von Gille, Kaiser und Rosi Müller in den Mix ein. Aus diesem Material machten sie fünf Alben und veröffentlichten sie unter dem Projektnamen Cosmic Jokers: "Das Zeitschiff Sternenmädchen schwebt durch die Galaxie der Freude. In den Klängen der Elektronik. In den Blitzen des Lichts. Hier entdeckst du die Science Fiction, den Planeten der COSMIC JOKERS, den GALACTIC SUPERMARKET und die SCI FI PARTY. Das ist der neue Sound. Weltraum. Telepathie. Melodien. Freude." (Pressemitteilung). Für das Planeten Sit-In konnten sie sogar noch das „Hobby“-Magazin als Sponsor gewinnen (eine Zeitschrift für Technikfreaks, eingestellt 1991).
Hass statt Freude
Die beschworene Freude wollte sich allerdings nur bedingt einstellen. Die fünfte dieser Platten, Gilles Zeitschiff (Untertitel: Sternenmädchen zu Besuch bei den Magiern) spiegelte eine Auseinandersetzung zwischen Kaiser & Lettmann und dem damals wichtigsten deutschen Popmagazin „Sounds“ wider. Die Zeitschrift hatte in ihrer Ausgabe vom April 1973 einen Bericht über Timothy Learys Aufenthalt in der Schweiz veröffentlicht, der nicht dem entsprach, was Kaiser und Lettmann gern gelesen hätten.
Gille veröffentlichte daraufhin eine Presseerklärung (sie bezeichnete sie als „offenen Brief“): „Timothy Leary ist vom CIA verfolgt. Die Zeitschrift mit dem bislang angeblich ‚progressiven‘ Image druckt drei Fotos von Timothy Leary, die aus CIA-Fotoarchiven stammen. Der CIA braucht Sounds nicht. Die Redakteure von Sounds aber durchschauen nicht, wie er arbeitet. ... Sie drucken Hass statt Freude. ... Sounds hat sich damit gegen Leary und das Prinzip der Freude entschieden. Für Angst, Horror und CIA. Wir prophezeien: Diese Sounds ist tot.“
Gille veröffentlichte daraufhin eine Presseerklärung (sie bezeichnete sie als „offenen Brief“): „Timothy Leary ist vom CIA verfolgt. Die Zeitschrift mit dem bislang angeblich ‚progressiven‘ Image druckt drei Fotos von Timothy Leary, die aus CIA-Fotoarchiven stammen. Der CIA braucht Sounds nicht. Die Redakteure von Sounds aber durchschauen nicht, wie er arbeitet. ... Sie drucken Hass statt Freude. ... Sounds hat sich damit gegen Leary und das Prinzip der Freude entschieden. Für Angst, Horror und CIA. Wir prophezeien: Diese Sounds ist tot.“
Im Cover von Gilles Zeitschiff fanden sich unter der Überschrift "Mein Zeitschiff" folgende ebenso wirre wie atemlose Liner Notes: „Steig ein. Wir treffen Tim, den Science Fiction Kurier. Und mit ihm 30 Millionen junge Leute. Da greift der CIA ein. Tim wird verhaftet. Er flieht nach Algier. In die Schweiz. Nochmal Gefängnis. Freunde tauchen auf. Lord Krishna aus der Schweiz. Auch ein kosmischer Kurier. Hartmut, Rolf und ich besuchen Tim im Haus am See. Tim ist Freude. Tim macht die Platte. Seven Up. Seine erste Sci Fi-Rockplatte. I Am The Changer. Das ist Tims zweite Sci Fi-Platte. Die vier großen Abenteuer unseres Lebens. Hier. Auf der Erde. Und während wir fliegen, begegnet uns Cosmic Courier 'Bon Chance' Brian Barritt. Er erzählt, warum er und Tim und viele andere kosmische Kuriere bei uns mitmachen. Wir fliegen nach Basel. Walter Wegmüller. The Cosmic Painter. Er hat mit uns das Tarot-Spiel gespielt. Ist Tim ein Magier? Mr. Tarot gibt uns die Antwort. Und schon sind wir in TIME. TIME ist die neue Dimension. In ihr schwingt kosmische Musik. TIME hat drei große Abenteuer. Sie lassen dich fliegen zur Queen of Sunshine. In TIME ist Liebe. Fliege in die Freude. –Gille.“
Diese Plattenhülle war anscheinend auch das letzte Mal, dass die Namen "Gille" und "Sternenmädchen" parallel auftauchten.
Diese Plattenhülle war anscheinend auch das letzte Mal, dass die Namen "Gille" und "Sternenmädchen" parallel auftauchten.
Leary, am Rande bemerkt, waren alle diese Episoden in seiner Autobiographie nicht mal eine Fußnote wert. Das zeigt wohl, als wie wichtig er den Kontakt zu den Kosmischen Kurieren tatsächlich eingeschätzt hat.
Die Kosmischen Kuriere stoppten alle Anzeigenaufträge für „Sounds“. Damit straften sie allerdings nicht nur die Zeitschrift für ihren unbotmäßigen Artikel ab, sondern sie schnitten sich ins eigene Fleisch: Ohne „Sounds“ erreichten sie einen großen Teil ihrer potenziellen Kunden nicht mehr.
Angeblich, so klagten einige der Musiker später, hatten Kaiser und Lettmann sie über die Cosmic Jokers-Alben nicht informiert und auch keine Erlaubnis zur Veröffentlichung des Sessionmaterials eingeholt. Diese Version wurde lange Zeit auch in der Literatur und im Web herumgereicht. Auch in diesem Fall wird sich die genaue Wahrheit heute nicht mehr in jedem Einzelfall feststellen lassen, aber der Ash-Ra-Tempel-Gitarrist Manuel Göttsching zumindest widerspricht dieser Darstellung: „Natürlich wusste ich von diesen Veröffentlichungen, natürlich hatte ich vorher Verträge, und ich erhielt Tantiemen, sogar im Voraus. Das war sehr wenig Geld, aber das sollte kein Grund sein, solche Gerüchte zu verbreiten. Man kann dem Produzenten Rolf-Ulrich Kaiser vieles nachsagen, aber ich habe keinen Grund, zu behaupten, dass er mir gegenüber unkorrekt gewesen wäre.“
Angeblich, so klagten einige der Musiker später, hatten Kaiser und Lettmann sie über die Cosmic Jokers-Alben nicht informiert und auch keine Erlaubnis zur Veröffentlichung des Sessionmaterials eingeholt. Diese Version wurde lange Zeit auch in der Literatur und im Web herumgereicht. Auch in diesem Fall wird sich die genaue Wahrheit heute nicht mehr in jedem Einzelfall feststellen lassen, aber der Ash-Ra-Tempel-Gitarrist Manuel Göttsching zumindest widerspricht dieser Darstellung: „Natürlich wusste ich von diesen Veröffentlichungen, natürlich hatte ich vorher Verträge, und ich erhielt Tantiemen, sogar im Voraus. Das war sehr wenig Geld, aber das sollte kein Grund sein, solche Gerüchte zu verbreiten. Man kann dem Produzenten Rolf-Ulrich Kaiser vieles nachsagen, aber ich habe keinen Grund, zu behaupten, dass er mir gegenüber unkorrekt gewesen wäre.“
Sendeschluss
Wie auch immer, es war offenkundig: Kaiser und Lettmann hatten ihre Musikproduktionsfirma längst in den Graben gefahren, und sich selbst gleich mit. Längst schon hatten sie bei der Musikpresse den Spitznamen „komische Kuriere“ weg. Der Musikjournalist Barry Graves schrieb über Kaiser, er habe "den Ruf seiner Bands durch eine Publicity, bei der Unseriosität fast ein Stilprinzip zu sein schien", ruiniert.
1975 war dann Feierabend. Die letzte Stufe ihres Raumschiffs war ausgebrannt, die Firmen gingen in Konkurs, die LP-Restbestände wurden stapelweise in Karstadt-Filialen auf dem Grabbeltisch verramscht – für 2,95 Mark (zur Erinnerung: Der Ladenpreis einer regulären LP lag damals zwischen 14 und 19 Mark). Viele der heute zirkulierenden Original-LPs dürften aus diesem Abverkauf stammen.
Crash
Der Absturz war kurz und der Aufprall hart. Zunächst flogen die Kosmischen Kuriere aus ihrer Berliner Wohnung und dem Europa-Center hinaus, da sie die Miete nicht mehr zahlen konnten. Kaiser und Lettmann zogen sich daraufhin in ihre Kölner Wohnung zurück, aber auch dort konnten sie bald die Miete nicht mehr aufbringen und wurden zwangsgeräumt. Wie der Autor und Verleger Werner Pieper schreibt, kam es "schlussendlich (zu) einer Zwangsversteigerung der Habseligkeiten der beiden. (Der Journalist) Uwe Husslein fand in den 90ern einige Bücher aus Kaisers Bibliothek, u.a. einige mit sehr persönlichen Widmungen von Tim Leary, auf dem Kölner Flohmarkt."
Rätselraten
Der Absturz war kurz und der Aufprall hart. Zunächst flogen die Kosmischen Kuriere aus ihrer Berliner Wohnung und dem Europa-Center hinaus, da sie die Miete nicht mehr zahlen konnten. Kaiser und Lettmann zogen sich daraufhin in ihre Kölner Wohnung zurück, aber auch dort konnten sie bald die Miete nicht mehr aufbringen und wurden zwangsgeräumt. Wie der Autor und Verleger Werner Pieper schreibt, kam es "schlussendlich (zu) einer Zwangsversteigerung der Habseligkeiten der beiden. (Der Journalist) Uwe Husslein fand in den 90ern einige Bücher aus Kaisers Bibliothek, u.a. einige mit sehr persönlichen Widmungen von Tim Leary, auf dem Kölner Flohmarkt."
Rätselraten
Damit begann in der Szene ein großes, bis heute anhaltendes Rätselraten über den weiteren Verbleib von Rolf-Ulrich Kaiser und Gille Lettmann, das alsbald - wie eingangs geschildert - bunte Blüten trieb.
Die Wahrheit ist eher farblos. Bis ungefähr 1990 lebten die beiden in Frechen-Königsdorf bei Köln im Haus von Gilles Mutter. Sie zogen sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Kaiser scheint das letzte Mal Ende der 1980er Jahre in Erscheinung getreten zu sein, als die hessische Plattenfirma Zyx Records das Programm von Ohr, Pilz und Kosmische Kuriere wiederveröffentlichte. Kaiser meldete sich bei der Firma, um seine Rechte als Produzent der Aufnahmen geltend zu machen, doch musste er sich von (dem 1997 verstorbenen) Zyx-Chef Bernhard Mikulski darüber aufklären lassen, dass er schon lange keine Rechte an den Aufnahmen mehr besaß (was im Zusammenhang mit der obenerwähnten Zwangsversteigerung steht; die meisten dieser Rechte liegen heute bei Dieter Dierks).
Die Wahrheit ist eher farblos. Bis ungefähr 1990 lebten die beiden in Frechen-Königsdorf bei Köln im Haus von Gilles Mutter. Sie zogen sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Kaiser scheint das letzte Mal Ende der 1980er Jahre in Erscheinung getreten zu sein, als die hessische Plattenfirma Zyx Records das Programm von Ohr, Pilz und Kosmische Kuriere wiederveröffentlichte. Kaiser meldete sich bei der Firma, um seine Rechte als Produzent der Aufnahmen geltend zu machen, doch musste er sich von (dem 1997 verstorbenen) Zyx-Chef Bernhard Mikulski darüber aufklären lassen, dass er schon lange keine Rechte an den Aufnahmen mehr besaß (was im Zusammenhang mit der obenerwähnten Zwangsversteigerung steht; die meisten dieser Rechte liegen heute bei Dieter Dierks).
Schweigen
Rolf-Ulrich Kaiser schweigt seither. Er wurde nicht mehr öffentlich gesehen und nimmt keine Post mehr an. Gille Lettmann akzeptiert ihren früheren Namen nicht mehr. Sie kann nur noch als "Sternenmädchen" angeschrieben oder angesprochen werden, wobei sie dies heute nicht mehr als Bezeichnung, sondern als ihren Namen ansieht. Sie scheint "über die Jahrzehnte fast völlig die Marotten, die Ideologie, die Sprache, ja, die Identität ihres Gefährten aufgesogen zu haben, den sie inzwischen nur noch ‚Meson Cristallis‘ nennt" (Hub). Einziges Lebenszeichen: Seit 30 Jahren gibt Sternenmädchen, ihrem eigenen Briefkopf zufolge nun Philosophin, ein esoterisches Magazin heraus, das sie von Zeit zu Zeit an einen von ihr selbst festgelegten Personenkreis sendet - alte Freunde, Politiker, Wirtschaftskapitäne.
Nach dem Tod von Mutter Lettmann im Jahr 1990 kamen die beiden, wie Walter Westrupp in seiner Autobiografie schreibt, „in einer Mietwohnung in der Nähe einer großen deutschen Brauerei am Möhnesee“ unter. Bis 2003 ging das gut. Dann zahlten sie keine Miete mehr. Die Vermieterin wandte sich daraufhin an Westrupp (was darauf hindeutet, dass sie durchaus wusste, wer ihre Mieter waren), ob er den beiden nicht mal ins Gewissen reden könne. Das hat er versucht, gefruchtet hat es aber nichts, und so schaltete sie schließlich die zuständigen Behörden ein.
Für ein von ihm herausgegebenes Buch hat Werner Pieper 2006 versucht, Kaiser ausfindig zu machen. Sein Bericht bestätigt nochmals, was auch Andreas Hub schon festgestellt hatte: „Es hat den Anschein, dass schriftliche Kontakte zur Welt ... ausnahmslos vom Sternenmädchen stammen." Piepers Versuch, mit Kaiser in Kontakt zu kommen, quittierte sie mit dem knappen Hinweis, Cristallis sei nicht über ihre Adresse erreichbar.
Finale
Cristallis und Sternenmädchen, die in einem früheren Leben, vor tausend Monden und etwa ebensovielen Trips, einmal Rolf-Ulrich Kaiser und Gille Lettmann waren, leben heute in einer Kleinstadt am Rande des Sauerlandes, in einem Haus der katholischen Kirche - einem "Schloss", wie Sternenmädchen selbst es nennt. Sie kennen das Internet, sind selbst aber nicht online. Cristallis ist unsichtbar. Sternenmädchen ist nur über eine Postlageradresse erreichbar, wer ihr schreiben will, muss einige von ihr vorgegebene Regeln beachten. Die beiden wollen nicht gefunden werden, sie wünschen keinen Besuch.
Unsere Welt ist nicht mehr die ihre. Oder möglicherweise auch umgekehrt.
Finale
Cristallis und Sternenmädchen, die in einem früheren Leben, vor tausend Monden und etwa ebensovielen Trips, einmal Rolf-Ulrich Kaiser und Gille Lettmann waren, leben heute in einer Kleinstadt am Rande des Sauerlandes, in einem Haus der katholischen Kirche - einem "Schloss", wie Sternenmädchen selbst es nennt. Sie kennen das Internet, sind selbst aber nicht online. Cristallis ist unsichtbar. Sternenmädchen ist nur über eine Postlageradresse erreichbar, wer ihr schreiben will, muss einige von ihr vorgegebene Regeln beachten. Die beiden wollen nicht gefunden werden, sie wünschen keinen Besuch.
Unsere Welt ist nicht mehr die ihre. Oder möglicherweise auch umgekehrt.
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Dieser Beitrag basiert auf einem ungesendeten Radiomanuskript von 1998. Er wurde im Mai 2011 in Zusammenarbeit mit Archie Patterson aktualisiert und erweitert, seitdem wurden einige weitere Änderungen und Ergänzungen vorgenommen (zuletzt am 22. Dezember 2012).
Quellen:
- Eidam, Klaus und Schröder, Rudolf: Die Hit-Fabrik. Chronik eines Berliner Musikverlages. Edition Intro Meisel GmbH. Berlin 2001
- Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Frankfurt 1962
- Haring, Hermann: Rock aus Deutschland/West – Von den Rattles bis Nena: Zwei Jahrzehnte Heimatklang. Reinbek 1984
- Hub, Andreas: Das Kraut der frühen Jahre. In: Rolling Stone (deutsche Ausgabe), April 1997, S. 42-46
- Intuitive Music (Hg.): Biography Cosmic Jokers. LINK, abgerufen 7. Mai 2011.
- Kaiser, Rolf-Ulrich: Underground? Pop? Nein! Gegenkultur! Köln 1969
- Kaiser, Rolf-Ulrich: Das Buch der neuen Pop-Musik. Düsseldorf 1969
- Kaiser, Rolf-Ulrich: Fabrikbewohner - Protokoll einer Kommune und 23 Trips. Düsseldorf 1970
- Kaiser, Rolf-Ulrich: Rock-Zeit – Stars, Geschäft und Geschichte der neuen Popmusik. Düsseldorf 1972
- Leary, Timothy: Flashbacks. New York NY 1997 (Es hat einen gewissen Charme, im Impressum den Satz zu lesen: “This book is printed on acid-free paper”.)
- Loch, Siggi: Plattenboss aus Leidenschaft. Hamburg 2010.
- Morawietz, Stefan: Kraut und Rüben. TV-Dokumentation in sechs Teilen. WDR, Köln 2006
- Morawietz, Stefan: Roboter essen kein Sauerkraut. Arte, Strasbourg 2008
- Patterson, Archie: The Mythos of Rolf-Ulrich Kaiser. LINK, abgerufen 23. Mai 2011
- Pieper, Werner: Kaiser Schmarrn süß/sauer. In: Pieper, Werner (Hg.): Alles schien möglich - 60 Sechziger über die 60er Jahre und was aus ihnen wurde; S. 50-55. Löhrbach 2007
- Schober, Ingeborg: Tanz der Lemminge – Amon Düül II: Eine Musikkommune in der Protestbewegung der 60er Jahre. Reinbek 1979
- Sounds - Platten 66-77. 1827 Kritiken. Frankfurt/M. 1979
- Spiegel 41/1968: Größtes Ding. In: Der Spiegel, 7. Oktober 1968, S. 213-214. LINK, abgerufen 7. August 2011
- Spiegel 29/1970: Zirpt lustig. In: Der Spiegel, 13. Juli 1970, S. 126. LINK, abgerufen 7. August 2011
- Spiegel 43/1971: Szene - Popmusik. In: Der Spiegel, 18. Oktober 1971, S. 177. LINK, abgerufen 7. August 2011
- Spiegel 7/1973: Szene - Leary-Gesang. In: Der Spiegel, 12. Februar 1973, S. 103. LINK, abgerufen 7. August 2011
- Spiegel 40/1973: Prinzip der Freude. In: Der Spiegel, 1. Oktober 1973, S. 186-188. LINK, abgerufen 7. August 2011
- Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.): Melodien für Millionen – Das Jahrhundert des Schlagers. Bonn 2008
- Westrupp, Walter: 68er nach Noten. LINK, abgerufen 7. Mai 2011
Dank an Andreas Hub, Hubert Maessen, Manfred Miersch, Stefan Morawietz, Werner Pieper, Ulrich Rützel, Günter Schlienz und Walter Westrupp.
Fotos: Billy Bryan, Pressefotos und Privatarchiv. Screenshots: WDR.
Fotos: Billy Bryan, Pressefotos und Privatarchiv. Screenshots: WDR.
Für's Ohr (völlig subjektive Auswahl):
- Ash Ra Tempel: Starring Rosi
- Cosmic Jokers: Sci-Fi Party; Galactic Supermarket
- Guru Guru: UFO; Hinten
- Hölderlin: Hölderlins Traum
- Popol Vuh: In den Gärten Pharaos; Hosianna Mantra
- Tangerine Dream: Electronic Meditation; Alpha Centauri
- Wallenstein: Blitzkrieg
- Walter Wegmüller: Tarot
- Witthüser & Westrupp: Trips & Träume; Der Jesuspilz; Bauer Plath
Interessant - sehr aufschlussreich. Wobei ich noch erwähnen möchte, dass sich Henryk M. Broder mit seinem pseudointelektuellen Geschwafel nicht weit von der geistigen Welt des Sternenmädels angesiedelt hat.
ReplyDeleteBrilliant geschrieben- habe mich ein Stündchen blendend amüsiert...
ReplyDeleteSchöner Artikel. Da es überhaupt nicht meine Zeit ist (Baujahr 84) finde ich es umso interessanter etwas zu erfahren, was mir bisher im Verborgenen lag.
ReplyDeleteSehr objektive Schilderungen, danke dafür.
ReplyDeleteInteressant, habe Sternenmädchen noch vor ner Woche gesehen, als sie mal wieder "trampte" um zu ihrem Wohnort zurück zu kommen...
ReplyDeleteTrägt sie immer noch diesen coolen Anzüge?
DeleteSehr schön zu hören, daß die beiden immer noch ein Paar sind. Kann nur echte Liebe sein, nach der sich doch eigentlich alle sehen. Irgendwie scheinen die Beiden doch alles richtig gemacht zu haben. An den Autor: Toll geschrieben! Danke!
ReplyDeleteGroßartiger Artikel, habe ich sehr gerne gelesen.
ReplyDeleteDanke für den sehr informativen Artikel! Es lohnt sich mehr mit Krautrock zu beschäftigen. Einziges Hindernis sind die Plattenmakler und -Händler, welche seit Jahren die guten Vinyl-Pressungen in fantastische Höhen spekulieren. LG C
ReplyDeleteSpannender Artikel. Ich hatte damals mehrfach mit Kaiser zu tun, weil ich für den WDR die TV-Dokumentation Popmusik in Deutschland drehte. Auftretende Gruppen waren Amon Düül, Tangerine Dream, Popol Vuh, Can, Guru Guru und Witthüser und Westrupp. Hängen geblieben ist in meiner Erinnerung u.a., dass Kaiser Cordhosen mit eingenähter Bügelfalte trug :-).
ReplyDeleteToller Artikel, vielen Dank!
ReplyDeleteErstklassiger hochinteressanter Beitrag!
ReplyDeleteIch danke Ihnen für Ihren Beitrag. Vieles davon war mir unbekannt. So z.B. die Verbindung RUK und Meisel.
ReplyDeleteBereits in der ersten Hälfte der 1970er Jahre wurden die LPs der Labels Ohr, Pilz, Kuckuck, Brain et al. verramscht. Ich habe von meinem schmalen Beutel viele Platten damals gekauft. Das meiste war auf Dauer musikalisch eigentlich uninteressant. Ich stimme darin Ihrer Darstellung zu. Andere Gruppen, manche von ihnen geniessen heute Kultstatus, hätten ihre Wege auch ohne RUK und Meisel erfolgreich beschritten.