Man dürfe nie vergessen, so schrieb Asmus Tietchens einmal, dass wir von unheimlichen Dingen umgeben seien.
Eines davon heißt Musik an der Grenze. Es handelt sich um eine Cassettenproduktion, die vierte einer Art Werkreihe, 1982 in England veröffentlicht. Dies ist ebenso harte Kost wie schon der Vorgänger Musik im Schatten. Während die allerdings ihren Schwerpunkt vorrangig auf brachialen Sounds hatte, wird hier weniger mit Sounds als mit Wiederholungen kurzer Patterns gearbeitet. Klangquellen sind wieder der Moog Sonic Six, außerdem steuerte Okko Bekker zusätzliche Synthesizerklänge bei. In Track 4, "Titanic", scheint mir sogar einmal ein Sequenzer im Einsatz zu sein, der sonst in der Musik Asmus Tietchens' keine große Rolle spielt. Die Wiederholungen basieren auf Tapeloops, die der Meister unter dem Pseudonym Loop de Vega angefertigt hat.
Das Kernstück ist die zehnminütige "Kultmusik für ein altes Ländle". Das klingt gemütlich, ist es aber nicht. Über einer Art Bordunklang und ringmodulierten Geräuschen liegen seltsame, verhangene Chöre und verzerrte, klagende, teils anscheinend weinende oder schreiende Stimmen, immer aber bleiben sie undeutlich; man ahnt sie mehr als dass man sie hört. Dazu setzt nach etwa einer Minute eine verdoppelte und verhallte Stimme ein, die monoton, getragen, unablässig und von dumpfen Trommelschlägen begleitet den Satz "Austria es it orbis ultimo" wiederholt. So jedenfalls höre ich den Satz, der sich offenkundig an das alte Habsburger-Motto "Austria est imperare orbi universo" (oder auch A.E.I.O.U.) anlehnt. Grammatikalisch ergibt der Satz wenig Sinn, aber das macht nichts, der Tonfall, in dem er gesprochen wird, und die endlose Wiederholung entfalten Wirkung: Im Kopfhörer gehört erzeugt dieses Stück eine hypnotische und gleichzeitig zunehmend beklemmende Stimmung.
Musik für zwei Uhr nachts, wenn man gute Nerven hat.
Musik an der Grenze
Yorkhouse Records YHR 024 (England 1982)
Wiederveröffentlicht wiederum als Cassette auf Auricle Music 025 (England 1987)
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